laut.de-Kritik

Schiefe Trauertannen und haufenweise Kunstschnee.

Review von

"Ich fand die Idee schon immer extrem verlockend, ein Weihnachtsalbum aufzunehmen", berichtet Schmirgel-Altstar Rod Stewart. In den vergangenen vierzig Jahren kam aber scheinbar immer irgendwie etwas dazwischen. Nun sitzt er da, ganz lässig und spitzbübisch grinsend, auf einem weißen Hocker. Das Haupthaar ist zerzaust wie eh und je, und bis auf die Krähenfüße, die mittlerweile bis zu den Ohren reichen, erinnert nur wenig an einen Mann, der steil auf die Siebzig geht.

Auch stimmlich hat der All Time-Womanizer noch so einiges zu bieten. Vom Whiskey geschwängert kratzt sich das unnachahmliche Timbre des Briten auf "Merry Christmas, Baby" insgesamt dreizehnmal durch tiefsten Schnee. Schade nur, dass kaum eine Interpretation des allseits bekannten Weihnachtskatalogs der Stimme des Maestros auch nur ansatzweise das Wasser reichen kann.

Im schnöden Fernsehgarten-Big-Band-Soundgewand stapfen Songs wie "Have Yourself A Merry Little Christmas", "Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!" oder "Santa Claus Is Coming To Town" durch kitschige Kunstschneelandschaften und verbreiten dabei eine ähnlich aufregende Vorweihnachtsstimmung wie der alljährliche Anblicke der Trauertanne auf dem Berliner Breitscheidplatz.

Ganze drei Minuten lang kommt der Laden auf dem selbstverfassten "Red-Suited Super Man" wenigstens halbwegs in Wallung und weckt Erinnerungen an Zeiten, in denen dem gesträhnten Barden noch der Rock'n'Roll-Button an der Jacke klebte. Der Rest ist überflüssiger Klischee-Mumpitz. Selbst die festlich geschmückte Jukebox einer Seniorenresidenz dürfte sich bei der Annäherung solch blutleer und steril präsentierter Zwieback-Ergüsse wie "White Christmas" oder "Blue Christmas" ruckartig vom Stromnetz verabschieden.

Da hilft auch kein zwischenzeitliches Händchenhalten mit so illustren Kollegen und Kolleginnen wie Michael Bublé, Cee-Lo Green, Ella Fitzgerald oder Mary J. Blige mehr. Dass die Wohnorte der musikalischen Belegschaft letztlich nicht komplett von der Reiseroute des dicken Mannes in Rot gestrichen werden, liegt einzig und allein am immer wieder in die Bresche springenden Rod Stewart, der das Gesamtpaket vor allem immer dann vor dem lechzenden Mülleimer rettet, wenn der Background längere Teepausen einlegt ("When You Wish Upon A Star", "Silent Night").

Trackliste

  1. 1. Have Yourself A Merry Little Christmas
  2. 2. Santa Claus Is Coming To Town
  3. 3. Winter Wonderland
  4. 4. White Christmas
  5. 5. Merry Christmas, Baby
  6. 6. Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!
  7. 7. What Are You Doing New Year's Eve?
  8. 8. Blue Christmas
  9. 9. Red-Suited Super Man
  10. 10. When You Wish Upon A Star
  11. 11. We Three Kings
  12. 12. Silent Night
  13. 13. Auld Lang Syne

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