laut.de-Kritik
Der Kanadier mutiert zum Indie-Roy Orbison.
Review von Artur SchulzAls Produzenten für sein neues Album wählte Ron Sexsmith einen gewissen Bob Rock, der bislang nicht gerade mit indieaffinen Bands auffiel (u.a. Bon Jovi, Michael Bublé). Sexsmith auf der Rutschbahn in Richtung uneingeschränkte Radio-Kompatibilität?
Entwarnung: "Long Player Late Blommer" mag das bis dato soundtechnisch griffigste und ausgewogenste Album geworden sein, doch seine Besonderheiten lässt sich der Kanadier nicht wegpolieren.
"Get In Line" eröffnet mit verspielter Gitarre und leicht federnden Beats. Auf "The Reason Why" kommt eine im Hintergrund platzierte E-Gitarre zum Einsatz, die unaufdringlich-straight für den zusammenhaltenden Spannungsbogen sorgt. Mit wohliger Wehmut in der Stimme macht sich Ron dann auf die Suche nach "Miracles".
Seine Studiogäste zählen allesamt zur gehobenen Sessionmusiker-Kategorie: Gitarrist Rusty Anderson (Paul McCartney), Bassist Paul Bushnell (Elton John), Keyboarder Jamie Edwards (Aimee Mann) sowie Schlagzeuger Josh Freese (Nine Inch Nails). Gewagte Experimente finden deshalb zwar nicht statt, aalglatte Routine gottlob auch nicht. Vor zuviel oberflächlicher Harmonie bewahren sowieso Rons untadelige Qualitäten als Songschreiber, und seine nachdenklich-beobachtend gehaltenen Texte.
"No Help At All" zitiert in Sachen Eleganz und Luftigkeit höchst geglückt die Arbeiten eines Burt Bacharach. Dabei lässt Sexsmith die Nummer nicht zu tief in Easy Listening-Beliebigkeiten versinken. Herausragende Storyteller-Kost bietet "Michael And His Dad", serviert auf einem kompositorisch abwechslungsreich angerichteteten Folk-Teller. Mit "The Middle Of Love" entdeckt Sexsmith gleichermaßen poppig wie angerockt das Uptempo - eine Seltenheit im Gesamtkontext.
Ausfälle sind nicht zu beklagen, denn Sexsmith entwickelt für jeden Track einen eigenen kleinen Song-Kosmos, garniert mit betörend schönen Melodie-Bögen. Und obendrauf eine warme, gleichermaßen melancholische wie tröstliche Gesangsstimme. Eigentlich fehlt nur noch eine tiefdunkle Sonnenbrille, um Ron Sexsmith als den Roy Orbison der Singer/Singwriter-Fraktion durchgehen zu lassen.
1 Kommentar
Der Indie-Roy-Orbison-Vergleich trifft's ganz gut, finde ich. Ist vielen vielleicht zu ohrenschmeichelig, na ja, mir gefallen die Harmonien, seine Stimme ist einmalig und warm (auch live!). Das Album ist leider nicht sein Bestes. Klingt manchmal arg durchproduziert, das ewige Mid-Tempo nervt auch ein wenig. Trotzdem schöne Songs dabei.