laut.de-Kritik

Pop mit Pathos vom Madrugada-Boss.

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Summer Rain! Vielleicht ist "Dancing Headlights", das seit seinem Februar-Release eher unter dem Radar geblieben ist, eigentlich ein erfrischendes Sommeralbum. Nachdem der norwegische Rock-Melancholiker Sivert Høyem mit seinem achten Solowerk weder an den Erfolg seines Vorgängers "On an Island" noch an den des Madrugada-Longplayers "Chimes at Midnight" anknüpfen konnte, startet er mit der vierten Single "Summer Rain" einen neuen Anlauf – und liefert einen aktuellen Anlass, ausführlicher in "Dancing Headlights" reinzuhören.

"Will you just stay with me / Til this is over?", fragt Høyem im Opener. Dabei sollte das Dranbleiben wirklich kein Problem darstellen. Erstens dauert das neue Album des Madrugada-Frontmanns kaum eine halbe Stunde. Zweitens und viel wichtiger: Ein weiteres Mal beweist der norwegische Rock-Melancholiker, dass er musikalische Leuchttürme inmitten von Sturmfluten errichten kann.

Nur ein Jahr nach "On an Island" präsentiert der 49-jährige Musiker acht neue Songs zwischen Leid und Sehnsucht. Eingespielt im Band-Quintett und abgemischt vom langjährigen Mitstreiter Bjarne Stensli (A-ha, Serena Maneesh), entstehen organische, archaische Lieder, die sich nah am Pathos bewegen, aber nie im Kitsch versanden. Mit warmer Stimme und klassischer Instrumentierung entwirft Sivert Høyem weite Klanglandschaften mit gemischten Wetterlagen. Ausgedehnt erzählt Høyem von rauschenden Wellen und brennenden Brücken, vom Wegrennen und Bleiben, vom Scheitern und Hoffen.

Zwischen all den ernsten, großen Gesten steuert "Dancing Headlights" mal ins Bedeutsame, mal ins Schwerfällige. Regelrecht aus dem Meer auftauchend, braucht der Titeltrack eine Weile, bis er eine eher gleichförmige Klangfläche durchbricht und mit Keys wie Eiszapfen einen intensiven Refrain erschafft. Auch "The Great Upsetter" findet seine Spannung erst im Chorus. Mit Vocals zwischen Eddie Vedder und Nick Cave führt der Norweger die lose dahinplätschernden Elemente zu einem entschlossenen Grunge-Aufschrei zusammen.

Immer wieder konkurrieren frische Aspekte mit der Schwerkraft eingespielter Muster. Beats stolpern und Klangschichten verschieben sich in "Summer Rain", als wäre man bei dEUS oder gar Radiohead gelandet, und doch verhindert ein altbewährter Klagenkatalog eine noch schärfere Perspektive. Ähnlich manövrieren "Living It Strange" und "Hurdle" zwischen Schwung und Schema. Letzteres könnte problemlos als Prequel zu Elbows Scheidungsdrama "Grounds for Divorce" durchgehen.

"Es ist einfach ein Pop-Album", urteilt Sivert Høyem über "Dancing Headlights". Tatsächlich sind die besten Songs auf dem kurzen Longplayer die pointierten Popsongs. "Love Vs. The World" vermählt Smith’schen Jangle-Pop mit rockiger Bowie-Chuzpe. "Hollow" schließlich konzentriert das Konzept der ganz großen Ansage in einer lupenreinen Classic-Rock-Ballade. So gekonnt an der Grenze zur Sentimentalität bewegte sich zuletzt vielleicht Harry Styles mit "Sign of the Times".

Trackliste

  1. 1. Dancing Headlights
  2. 2. Love Vs. The World
  3. 3. The Great Upsetter
  4. 4. Hurdle
  5. 5. Hollow
  6. 6. Summer Rain
  7. 7. Living It Strange
  8. 8. Some Miserable Morning

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LAUT.DE-PORTRÄT Sivert Høyem

Obwohl Sivert Høyem bereits auf zwei Soloalben zurückblicken kann, fühlt er sich erst im Jahr 2009 mit "Moon Landing" als vollständiger Solokünstler.

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