laut.de-Kritik
Fagen und Becker lassen den Dildo fröhlich baumeln.
Review von Joachim GaugerEin vielsagendes Cover: großen, für Normalsterbliche unerschwinglichen Luxus verspricht der mit Uhren und Schmuck zum Bersten gefüllte Lederkoffer. Vorsicht, alles nur geklaut, warnt die mit zwei Rolex bestückte Hand, die das Gesicht eines Straßenhändlers verbirgt.
Auch der Albumtitel "Everything Must Go" weckt Erwartungen, verheißt er doch eine gewisse Stilvielfalt. Doch zunächst findet der Hörer genau den typischen Steely Dan-Sound vor, den man nun schon seit Jahrzehnten kennt. Die ersten Songs enthalten ausgefeilte, manchmal ergreifende Popmelodien mit jazzigen Elementen bei meist südländisch-flotter rhythmischer Grundstimmung.
Aufhorchen lassen dabei weniger aufregende Arrangements oder spannende Songkonstruktionen, als vielmehr die unerhörte Leichtigkeit, zu der die beiden Masterminds Becker und Fagen ihre meist aus dem Jazz kommenden musikalischen Mitstreiter inspirieren. Luftig und locker perlen Gitarre und Keyboards bereits im Opener "The Last Mall" an der Melodie entlang, wie frisch gewaschen glänzen die Bläser im Chorus. Beinahe meint man der Scheibe anzuhören, dass Donald Fagen und Walter Becker einen Teil ihrer Zeit gerne in Hawaii verbringen.
So entspannt scheint die Atmosphäre im Aufnahmestudio gewesen zu sein, dass sich sogar Walter Becker mal ans Micro wagte (was er zuvor noch nie getan hat), um in "Slang Of Ages" seine heisere, an Randy Newman erinnernde Stimme vorzustellen. Gerade bei diesem Stück wird deutlich, dass neben Beckers sparsam gesetzten Gitarrentupfern und Fagens zerbrechlichem Organ die relaxte Stimmung ein unzweifelhaftes Erkennungsmerkmal im Stil der eisernen Dildos ist.
Zu der übrigens der transparente Sound einiges beiträgt und vor allem auch die hervorragenden Instrumentalisten: mit ihren meist wie beiläufig eingestreuten Soli sind sie auf diesem Album die wahren Hehler des Jazz.
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