laut.de-Kritik
Ihr Signature-Sound aus 60s-Pop und Shoegaze reißt immer noch mit.
Review von Kerstin KratochwillDas dänische Duo The Raveonettes ist ein Phänomen, das hierzulande leider immer noch ein bisschen unter dem Radar läuft: Nicht nur, dass die beiden sich immer wieder in coolen Nuancen neu erfinden und vom Garagenrock zu Shoegaze hin zu Psychedelic alles können, sie sind auch noch enorm produktiv. Zwischen 2003 und 2014 sind fast jedes Jahr neue Alben erschienen, die stets voller musikalischer Zitate und Querverweise steckten.
Erst letztes Jahr gaben Sänger, Gitarrist und Songwriter Sune Rose Wagner sowie Sängerin und Bassistin Sharin Foo mit dem Coveralbum "Sing... " ein neues Lebenszeichen von sich. Darauf fanden sich wunderbare, hallgetränkte Interpretationen von Acts wie The Shangri-Las, The Cramps, The Velvet Underground oder The Everly Brothers, deren Songs sie als junge Band einst inspirierten und deren Evergreen "All I Have To Do Is Dream" sie beispielsweise in ein Shoegaze-Epos verwandelten.
Das Album machte Hoffnung auf neue Musik, die sich nun mit "Pe'ahi II" endlich erfüllt, einer Fortsetzung ihres letzten regulären Studioalbums "Pe'ahi" von 2014, das die Band selbst als "Anti-Album" bezeichnete. Damals erschien jeden Monat unter dem Motto "Rave-Sound-of-the-Month" ein neuer Song als Online-Download, erst später wurden die Tracks unter dem Namen "2016 Atomized (Anti-Album)" auch komplett als CD herausgebracht.
Der Nachfolger klingt frisch und frei - der Raveonettes-Signature-Sound aus Sixties-Pop und Shoegaze reißt immer noch mit in seinem bitter-süßen Wechselspiel aus Noise und Melodie. Der Albumtitel spiegelt dies, denn er bezeichnet einen hawaiianischen Surf-Spot, an dem Wagner den plötzlichen Tod seines Vaters verarbeitete. Und auch die Fortsetzung befasst sich inhaltlich mit existenzialistischen Themen wie Leben und Tod, Schmerz und Sehnsüchten.
So wie Schicksalsschläge ein Leben verschieben können, setzen die Raveonettes musikalische Blitzeinschläge ein, um die Stimmung ihrer Songs zu verändern: Einfache Songstrukturen gibt es nicht, einfache Leben schließlich auch nicht. Und so finden sich in den treibenden Tracks immer mal wieder White-Noise-artige Einschübe, ambientlastige Instrumental-Teile oder auch Ausbrüche, die sich in Metal-Gewittern entladen und das Motto ihres eigenen Labelnamens atmen: The Beat Dies.
Und obwohl "Pe'ahi II" mit nur einer halben Stunde Spielzeit und acht Songs ein eher kurzes Album geworden ist, wirkt es wie eine eigene Welt, in der The Raveonettes die Widersprüchlickeit des Lebens packen und mit einer geradezu sprudelnden Genre-Vielfalt spicken: Surf-Sounds, Dream-Pop, Garage-Rock, Post-Punk oder Industrial-Disco, hier trifft Intensität auf Kreativität. In diesem Sinn: Rave on!
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