laut.de-Kritik

Gemischte Gefühle zwischen jauchzender Ekstase und schulterzuckendem OK.

Review von

Spätestens seit "Born Slippy" aus dem Kinoerfolg "Trainspotting" (1995) sind die englischen Underworld einem großen Publikum bekannt. Bereits zwei Jahre vor diesem kommerziellen Erfolg sorgten sie mit dem Album "Dubnobasswithmyheadman" in der Dance-Szene für heftige Aufruhr. Nach der Trennung vom langjährigen Weggefährten DJ Darren Emerson inzwischen zum Duo geschrumpft, veröffentlichen Underworld mit "A Hundred Days Off" nach drei Jahren nun das lang erwartete neue Studio-Album.

"Die Wahrheit ist: Wir wissen nicht, wie wir tun was wir tun. Unsere Musik ist eine Aneinanderreihung von Unfällen" erklären Karl Hyde und Rick Smith augenzwinkernd. Deswegen müssen ihre sortierten Missgeschicke sich, bevor sie auf Platte gebannt werden, im Real-Life-Einsatz bewähren. "Es ist ganz einfach: Produziere im Studio deinen Track, geh' damit in den Club, leg' ihn auf und du bekommst sofort eine Reaktion - er funktioniert oder er funktioniert nicht!"

"Mo Move" funktioniert! Underworld-Junkies kommen beim Opener voll auf ihren Trip. Der druckvolle House-Groove animiert mit der typisch Unterwelt-psychedelischen Atmosphäre zum Abfeiern. "Two Months Off", die darauf folgende Singleauskopplung, präsentiert sich musikalisch etwas beliebig. "Twist" wird da schon deutlicher. Brazilpercussions und jede Menge Off-Beats sorgen für genügend Latin-Flair um auch im Elektronik-Korsett zu funktionieren, aber das wissen wir ja spätestens seit Jazzanova. "Sola Sistim" gehört in die Ecke einfallsloser Trip Hop, auch wenn die Nummer von Underworld selbst als "huggable Phunk" propagiert wird. Daran ändern auch der ultrafette Anlag-Synthie-Bass und die hässlichen Brass-Sounds nichts.

"Little Speaker" pumpt wieder ordentlich in die Magengrube. Grummeliger Bass, ein funky Piano-Loop, hervorragende Soundarchitektur und die Spoken Vocals von Juanita verleihen der Nummer genügend Substanz, um über acht Minuten lang zu funktionieren. (Jene Juanita übrigens, der auf "Second Toughest In the Infants" der erste Track gewidmet wurde.) Das folk-bluesige "Trim" und das ambient-New Age-esoterische "Ess Gee" gehören eher in die Kuriositätensammlung, der Underworld auf jedem ihrer Alben mindestens einen Track widmen.

"Dinosaur Adventure 3D" knüpft an "Mo Move" an. Hypnotisch, technoid und kühl präsentiert sich der Song als echtes Highlight. Die rotzfrechen Becken, die treibenden Gesangslinien von Karl Hyde und der gekonnte Vocoder-Einsatz schicken Tanzwillige auf einen Film, der mit 7'55'' eher zu kurz ist. Über das verspielt soulige "Ballet-Lane" und "Luetin", bei dem der Bass etwas zu geschmeidig geraten ist, entlässt uns das Duo aus seinem Universum. Und wie immer bleiben gemischte Gefühle zwischen himmelhoch jauchzender Ekstase und schulterzuckendem OK.

Trackliste

  1. 1. Mo Move
  2. 2. Two Months Off
  3. 3. Twist
  4. 4. Sola Sistim
  5. 5. Little Speaker
  6. 6. Trim
  7. 7. Ess Gee
  8. 8. Dinosaur Adventure 3D
  9. 9. Ballet Lane
  10. 10. Luetin

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