laut.de-Kritik
Magere Placebo-Version aus Schweden.
Review von Katja ScherleUnited sind fünf Mann aus Schweden, Protegés von Placebo und damit eine Kombination zweier Reizwörter, die manchen Alternative-Anhänger wohl vor kribbeliger Vorfreude die Luft anhalten lässt: Es paare sich Sverige-Rock mit britisch-luxemburgischen Klang-Sphären und gebäre dabei - nichts Atemberaubendes. United sind also schlecht?
Nein. In der Grundschule wären sie am Jahresende mit einem "sie bemühen sich redlich" im Zeugnis nach Hause gegangen. Dort wartet vielleicht Placebo-Bassist Stefan Olsdal und tröstet sie, dass sie für ihn immer noch "die beste ungesignte Band der Welt" sei (so zitiert ihn die Plattenfirma der Band). Natürlich würden sie auch eine Klasse weiter versetzt, denn komponiert ist ordentlich und die Texte sind bisweilen gar poetisch ("God forbids us to break up").
Doch schon bei Track eins, "Needs", wandelt sich das "wow" der krachigen Anfangsakkorde, die Mando Diao versprechen, schnell zu einem "oh, ach so" einer mageren Placebo-Version. United betreiben regelrecht Effekt-Ausverkauf. Die Herren von der Produktion (u.a. Pierre Carnbrant, der auch für den Klang der Ceasars verantworlich war) scheinen ihre Regler zu mögen und lassen sie deswegen auch zu stattlichen Ehren kommen. Aus jedem Track geht man mit schwer beladenen Tüten voller Hall, wabernden Gitarren und der technisch veränderten Stimme von Sänger Patrik. Alles muss raus!
Doch was "laut" und "ätherisch" anmuten soll, ist dabei so leise und dünn, dass es, wenn auch geschmeidig, an des Hörers Langzeitgedächtnis abperlt. United gefallen "ganz gut" für die elf Tracks ihres Albums. Doch dann nimmt man sie aus dem Player und führt sie einem staubigen Dasein im CD-Ständer zu. Einen klangseligen Hunger nach Mehr hinterlassen sie nicht. Zumindest dämmert nach "Needs" und "Today will die tomorrow" bei Track drei "Made for us", nach wem, ach, Patriks Stimme in ihrer nasalen Larmoyanz klingt: Brian Molko.
Die Ballade "Walk on water" vollbringt mit ihrem endlich deutlich erkennbaren Refrain tatsächlich zumindest ein kleines Wunder. Vielleicht liegt dieses Aufhorchen beim Hörer am Runterdimmen der instrumentalen Dichte, wie es ja für Balladen durchaus gängig ist. Nachfolger "Kinship" dann scheint schließlich endlich der Messias zu sein, auf den der Hörer wartet: Er kündet von der womöglich einsetzenden Sintflut aus entspannten Gitarren und Keyboards, die den Hörer mittelschnell tosend endlich mitreißen und erst mit dem letzten Ton wieder abladen könnte.
Eine geschickte Verbindung von Text: "A combination of lust and fascination / While deprecation strikes your imagination / Yours is mine and the best it yet to come / We're the reincarnation of a new sensation" und mithüpfendem Rhythmus liefert einen ansprechenden Anker, an dem United hängen bleiben sollten. Doch schon mit dem charakterlosen "Here to stay" kommt die Ebbe wieder, die Flut bleibt Konjunktiv. Und United tröpfeln in ihrem zumindest idyllischen Bächlein bis zum Schlusstrack "Bye bye love". Der ist ein rührender Rausschmeißer wie aus dem Lehrbuch der Alternative-Album-Produktion, dessen Refrain nur bis zu sechsmal die drei Worte des Titels wiederholt und deswegen schnell albern wirkt. Nach der zweiten Runde Verabschiedungen, die an Telefonate à la " du legst zuerst auf" - "nein du" erinnert, erfolgt dann endlich ein Schnitt, ein Gitarrenriff und sogar ein paar kontroverse Akkorde.
Dann ist das Gespräch mit United recht rasch vorbei und man merkt, dass es doch recht kurzweilig war. Hauptsächlich aber deswegen, weil man nebenher den Stapel Wäsche weggebügelt hat, der schon lange herumlag, abgespült und den Fahrradreifen geflickt. Unauffällig melodiös lässt sich ihre Musik während der kniffligen Klebe-Phase bestens halbkonzentriert mitsummen: alternative Aufzugmusik. Aber der Einzelunterhaltung fehlt der berühmte Funke. Patrik beherrscht seinen Gesang, United ihr Spiel - sie haben tatsächlich Schweden- und Briten-Gene in sich (manchmal klingen auch Travis und Coldplay in hohen Gitarren und Piano an). Doch dazwischen sind wohl sie selbst und dort sind sie zu glatt, tatsächlich zu "slick" und zu überladen und erreichen nicht ansatzweise die befriedigende Vollmundigkeit von Landsmännern und Vorbildern.
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