laut.de-Kritik

Kamelrennen oder Fahrrad fahren?

Review von

Was haben Vanessa Amorosi und AC/DC gemeinsam? Erstens: Sie sind in Australien Zuhause. Zweitens: In einem bekannten Music-Guide werden Vanessa und die Höllenglöckner unter dem Genre "Rock" geführt. Herrlich! Und ich dachte, am heutigen Tag könnte mich nichts mehr aufheitern. Denn Vanessa rockt definitiv nicht! Wie könnte sie auch. Schließlich wurde ihr Album in den Hamburger Bishop Studios produziert, in das bereits Größen wie die Backstreet Boys, N'Sync und Ricky Martin eingefallen sind. Alles klar?

Über die Produktion von "The Power" verlieren wir kein Wort. Wer bei der Eröffnungs- und Abschlussfeier der Olympiade Songs performt, kann nicht mit irgend einem Billig-Scheiß ankommen. Über Inhalt und Qualität der Musik sagt dies freilich wenig aus. Ja, singen kann die 19-Jährige und ihre Entdecker Jack Storm und Mark Holden wissen, wie gehobene Kommerz-Mucke funktioniert. Aber tut mir leid. Auch wenn Vanessa angeblich noch bevor sie sprechen konnte gesungen hat und mit 12 Jahren die Bühne enterte. Die Songs des Shooting-Stars sind nicht echt, sondern konstruierte und seelenlose Produkte. Bei "Shine", einem Track der verdächtig nach "Back for Good" von Take That klingt, lernt man das Original schätzen. Wenn man es nicht schon vorher mochte.

Passend zur Produktpalette des alltäglichen Dance-Pop ein Auszug aus Vanessas Label-Info: "Die Melbournerin ist eine leidenschaftliche Bikerin und nimmt außerdem an Kamelrennen teil." Wo arbeite ich eigentlich? Bei 'Frau im Spiegel' oder einem Musik-Magazin? Textlich werden uns Binsenwahrheiten geliefert, die wirklich nerven. Ein beliebiges Beispiel: I've got to live my life! Ich kann's nicht mehr hören. Was soll der gemeine Erdenbürger denn bitte schön sonst machen? In der Nase bohren? Sich die Pulsadern aufschneiden? And I'm going to risk it all! Was denn bitte schön? Geld verdienen? Bei der Olympia-Eröffnungsfeier vor Milliarden-Publikum aus Versehen die Flamme löschen?

Angesichts der im Teenie-Pop üblichen Vibrato-Akrobatik, die die gesangliche Qualität des Interpreten beweisen soll, weiß ich manchmal wirklich nicht, wer da gerade trällert: Vanessa oder doch Kollege Justin von den Back Street Boys? Pardon N'Sync. Warum gibt's trotzdem zwei Punkte? Nun "Pray For Love" gefällt im Refrain mit eingängigen Backing-Vocals und "Turn To Me" ist eine recht flotte, latino-angehauchte Tanznummer. Außerdem sollen Fan-Herzen nicht mit böser Zunge gebrochen werden. Denn wer Vanessa liebt, soll sie lieben. Lieb von mir, gelle?!

Trackliste

  1. 1. U R Mine
  2. 2. Absolutely Everybody
  3. 3. Shine
  4. 4. I Wanna Be Your Everything
  5. 5. How Y' Livin'
  6. 6. Everytime I Close My Eyes
  7. 7. Pray For Love
  8. 8. The Power
  9. 9. Steam
  10. 10. Turn To Me
  11. 11. You Were Led On
  12. 12. Have A Look

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