laut.de-Kritik
Die richtige 12" im richtigen Moment.
Review von Eberhard DoblerWer gerne zu raumgreifenden Bässen schwoft, Cocktails schlürft und die nachfeierabendliche Club-Atmosphäre in die heimische Anlage hinüber retten will, sollte ein Ticket für die Moon Harbour Flights lösen. Auch wenn das vieler elektronischer Musik zugrunde liegende Prinzip der Wiederholung Zuhause durchaus nerven kann. Selbst bei einem so fähigen Deephouse-DJ und Produzenten wie Matthias Tanzmann.
Doch glücklicherweise cuttet der Leipziger Tracks, die immer dann, wenns zu eintönig wird, mit überraschenden Breaks oder einer neuen Bassline gegensteuern. Paradebeispiel dürfte hier International Pony im unkonventionell und ironisch flowenden Jackmate Remix sein. Ansonsten bevorzugt Tanzmann attackreiche, trockene Bassdrumschlaufen, im Kern reale Snaresounds und synkopierte Perkussionsteppiche.
Dazu kommen funky tiefe Basslinien, spacige Keyboards und Effekt-Beiwerk. Für Abwechslung im Set sorgen vor allem Gesangs-Passagen. So lohnt sich die Platte allein wegen Sunday Brunchs "No Resistance". Ein deeper, von treibenden Snare-Patterns und lässigen Vocals lebender Uptempo-Tune: Widerstand zwecklos!
Nach entspanntem Tiefschwarz-Einstieg und Conga-Tune von DJ Buck rockt Tanzmann immer fetter: körperorientierte Musik, die antreibt, ohne anzustrengen. Verkopfte Elektronik ist seine Sache nicht. Das minimale "When?" überzeugt durch eine prägnante Bassline-Vocal-Kombination. Steve Bug kommt im Martin Landsky-Remix schon technoider zur Sache.
Tanzmann selbst setzt mit "Those Nights" amtlich deep und funky einen drauf. Losoul Vs. JT Donalson bringen mehr soulige Melodie ins Spiel, bevor das Minimal Tech/House-Stück "You're So Just Just" mit seinen schrägen Frauen-Vocals aufhorchen lässt. Nach Tanzmanns zweiten Beitrag mit Gamat 3000 und dem ibizaverdächtigen "If U Nu" fadet Hakan Libdo den Mix relaxt aus.
Tanzmanns Sets bleiben in ihrer Techno-Logik auf den Dancefloor zugeschnitten, allerdings ohne zu drögem Drogen-Geballere auszuarten. Und so heben seine Moon Harbour Flights mittlerweile nicht nur in Leipzig und Berlin ab, sondern auch im restlichen Deutschland bzw. im Ausland. Zu Recht, denn der Leipziger DJ verlässt sich nicht nur auf seine technischen Skills, sondern besitzt genügend musikalisches Gespür, um dem Tanzmob im richtigen Moment die richtige 12" vorzuwerfen.
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