laut.de-Kritik
Die musikalische Weltreise, die auch Strummers Leben war.
Review von Mathias MöllerMit "The Future Is Unwritten" kam im Mai wahrscheinlich der beste Musikdokumentarfilm des Jahres in deutsche Kinos. Regisseur Julien Temple zeichnet in ihm liebevoll und detailreich das Leben des The Clash-Frontmanns Joe Strummer nach. Nun liegt auch der Soundtrack vor. Die Lieder sind aus dem Film bekannt, und schon beim Genuss des Streifens mag dem einen oder anderen die geschmackssichere Auswahl der musikalischen Unterlegung aufgefallen sein.
Netterweise sind auf dem Soundtrack auch die Kommentare Strummers aus seiner BBC Radioshow erhalten. Am interessantesten für den Clash-/Strummer-Fan dürften allerdings die bisher unveröffentlichten Demo- und Liveversionen von "White Riot", "I'm So Bored With The U.S.A." und "(In The) Pouring Rain" sein. Für die nicht so beinharten Fans gibt es Einblicke in das sonstige Schaffen Strummers mit der Beatnummer "Keys To Your Heart" der 101ers, der Band, in der Strummer vor The Clash spielte.
Des weiteren sind mit "Johnny Appleseed" und "Willesden To Cricklewood" zwei Nummern der Mescaleros, Strummers Spätband, auf dem Soundtrack vertreten. Außerdem gibts das percussionlastige Stück "Trash City" der arg gefloppten Latino Rockabilly War zu hören. Joe Strummer solo spielt das leicht jazzige Instrumental "Omotepe".
Und sonst? Der algerische Raï-Star Rachid Taha bietet eine großartige arabisch-englische Interpretation des Clash-Hits "Rock The Casbah". Nach dem Ausflug in den Orient gibt es eine der schönsten Elvis-Nummern, die ich noch nicht kannte: "Crawfish" vom "King Creole"-Soundtrack. Der King Of Rock'n'Roll lässt im Duett mit Kitty White die karibische Nacht lebendig werden. "Now take Mr. Crawfish in your hand, he's gonna look good in your frying pan." The Pelvis als Kochlehrer, jamm!
Tim Hardins wunderschönes Singer-/Songwriter-Stück "Black Sheep Boy" wird vom wütenden "Kick out the jams, Motherfucker!" des MC5-Fronters Rob Tyner abgelöst. Der Originator U-Roy singt vom "Natty Rebel", hier offenbart Strummer die Reggae-Einflüsse von The Clash. In logischer Konsequenz folgt das dubbige "Armagideon Time", eine B-Seite der Band.
Die musikalische Weltreise, die auch Strummers Leben war, geht mit Andres Landeros weiter nach Südamerika. Noch mal karibisch wirds mit Ernest Ranglin, arg verrauscht croont Woody Guthrie eine Westernballade. Natürlich dürfen Eddie Cochrane und Bob Dylan nicht fehlen, und völlig zu Recht fordert Strummer selbst gegen Ende: "Let Nina Simone rule the world!"
Dieses Album ist nicht nur ein Soundtrack zu einem Film, es ist eine wunderbare Entdeckungstour in Sachen Musik und ganz nebenbei ein großartiges Mixtape. Es fängt den Spirit von Joe Strummer hervorragend ein und eröffnet dem interessierten Hörer Stücke, die er so vielleicht noch nicht gehört hat. Mehr kann man von einem Album nicht erwarten.
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