laut.de-Kritik
Ziemlich tote Hose in der Wundertüte.
Review von Artur SchulzIn der Vergangenheit stolperte ich in Sachen Wunder über den Begriff 'Geheimtipp', und hörte mir daraufhin einige Songs vom ersten Album "Was Hält Uns Wach" an. Ich hatte diese Titel als 'ganz nett' in Erinnerung, aber halt eben nicht sonderlich spannend. An dieser Einschätzung ändert auch deren zweites Album "Strom" bei mir nicht sonderlich viel: Denn allzu oft bleibt die Band um Sängerin Katrin Schröder in wenig aufregender Durchschnittlichkeit stecken.
Natürlich haben sich Wunder an anderen deutschsprachigen Band-Acts mit Frontfrau zu messen. Einerseits stehen sie durchaus auf einer Höhe mit Silbermond – was die Belanglosigkeit der Texte betrifft. Musikalisch zeigt sich die Band zu wenig ausgeprägtes Profil – die Titel auf "Strom" erinnern leider oft an eine beliebige Schnittmenge diverser Erfolgsrezepte, die andere Bands schon überzeugender und origineller präsentieren. Da es sich in den Wunder-Songs also häufig um sattsam bekannte Struktur-Elemente handelt, ist vergleichendes Name-Dropping zwangsläufig notwendig und nachvollziehbar:
Von versiert-verspielter Julihaftigkeit gibt es allenfalls Anklänge. In Sachen Witz und Charme – besonders in Sachen Text-Arbeit – spielen Wir Sind Helden in einer gänzlich anderen Liga. Trotz mitunter gefälliger und gelungener Melodie-Arbeit erreichen Wunder niemals die Stil-Eleganz der wunderbaren und unantastbaren Klee.
Von einer mitunter spröden und spannenden Originalität, die etwa Mia auszeichnet, ist ebenfalls wenig zu finden. Es ist natürlich nicht so, dass im weit gespannten Musik-Rahmen die erwähnten Bands etwa grundlegend Neues im Bereich von Pop und Rock kreieren. Doch ihre Elemente leben halt von der ganz individuellen und oft innovativen Aura, die sie eigentlich sattsam bekannten Sound- und Songstrukturen gekonnt überstreifen.
"Strom" startet ganz ordentlich mit dem gefälligen, von hübschen Melodie-Parts effektvoll verzierten Poprock-Opener "Manchmal". Treibende Beats und gut ausgearbeitete Song-Details hinterlassen einen soliden und positiven Eindruck. In "Schatten Und Licht" zeigen sich erstmals verstärkt diverse Text-Plattitüden: "Der Schatten braucht das Licht/genauso wie ich dich". Dazu bahnbrechende Erkenntnisse wie "Der eine gewinnt/der andere verliert". Ja, die einen stehn' halt im Dunkel, und die anderen, die stehn' im Licht. "Zeitloch" bietet einen interessanten Songaufbau, kommt schlussendlich über gehobenes Pop-Mittelmaß allerdings kaum hinaus.
Ebenfalls nicht sonderlich aufregend sind sämtliche ruhiger angelegten Titel: "Herz", "Stadionlicht" und "Bernsteinregen" weisen zwar hie und da einige freundliche Elemente auf, sind in ihrer Gesamterscheinung jedoch ziemlich abgelutscht und – gerade für wirklich packende Balladen – nie anrührend genug. Diese Titel wirken eher allzu kalkuliert und deshalb eher wie angestrengte, schematische Balladen-Fingerübungen.
Die Zutaten stimmen in der musikalischen Wunder-Tüte, doch es entsteht auf "Strom" zu selten ein überdurchschnittliches opulentes Song-Menü. Die handwerkliche und produktionstechnische Seite ist in Ordnung – aber es fehlen leider oft genug die nötigen Einschübe Originalität und Frische, um die meisten Nummern aus ihren schon zu oft gehörten und deshalb langweilenden Aufbauten herauszureißen. Wunder erscheinen zu oft noch als Band auf der Suche nach einer ganz eigenen, unverwechselbaren Identität.
Vielleicht gelingt es der Formation mit ihrem dritten Album, eine wirklich passgenaue, tatsächlich eigens maßgeschneiderte Song-Kleidung auf dem Poprock-Laufsteg vorstellen zu können. Denn im Moment wirkt ihr Titel-Angebot eher wie eine zusammen geklaubte Orsay-Filiale und nicht als Gucci-Edelmarke. Noch besser vielleicht: Gar nichts von beidem. Sondern mehr Mut zu ganz eigenen Experimenten, ganz eigenem Schnitt und Profil – und wenn daraus eine einzigartige Marke entsteht, findet sich eine größere Anzahl von überzeugten Liebhabern für die nächste Wunder-Kollektion fraglos sicher gern und ganz von allein.
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