laut.de-Kritik

Sum 41 mit Violinen-Gedudel.

Review von

Auf dem Cover blinzelt mich die verschwommene Abbildung eines Highschool-Girlies vor dem Hintergrund der untergehenden kalifornischen Abendsonne an. Nett. Nett sieht auch das Booklet von innen aus, handgekritzelte Wölkchen säumen das Bild der amerikanischen Combo Yellowcard. Genauso nett wie spannungsarm kommt leider auch die Musik daher.

Gitarrenriff, Strophe, Volume up, Powerchord rein, Refrain volles Gas, zwischendrin eine bedächtige Bridge reingeschoben - fertig ist die akkustische Lebensbegleitung eines Emoboys. Was mir die Plattenfirma Capitol im Infotext als "furiose" Melange zwischen Pop und Punk mit "griffigen Melodien" und "hymnischem Gesang" verkaufen will, klingt in meinen Ohren schlicht und einfach glattpoliert. Hier und da blitzen ein paar gelungene Harmoniewechsel auf, das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass Ecken und Kanten marktgerecht zusammengestutzt wurden. Perfekte Produktion, aber Überraschung ist etwas anderes. Was beim ersten Anspielen noch reinläuft, hört sich beim zweiten Mal schon abgestanden und austauschbar an.

Der ungewöhnliche Einsatz einer Solo-Violine frischt den Sound zugegebenermaßen angenehm auf. Trotzdem kommt als Resultat in etwa das heraus, wie man sich Sum41 mit Violinen-Gedudel vorstellen würde. Sänger und Gitarrist Ryan Key hat zwar eine glasklare Stimme, die er souverän durch seine Songs manövriert, zum individuellen Stil fehlt aber noch die ein oder andere Nuance, die ihn von anderen Sängern amerikanischer Emo-Bands abheben könnte.

Was uns Yellowcard hier auftischen, gab es schon besser bei den Get Up Kids, bei Chris Cabarra, Taking Back Sunday und Konsorten. Ein bisschen Country-Schmankerl wie im Song "View From Heaven" oder die nach Feuerzeugschwenkern schreiende Halbballade "Back Home" retten die Langeweile auch nicht mehr.

Weder Blume noch Topf zu gewinnen gibt es in der Disziplin Wortakrobatik: das mag bei "Way Away" noch wie eine harmlose Zustandsbeschreibung einer sich auflösenden Teenieliebe klingen, doch spätestens bei "Life of a Salesman" hört der Spaß auf. Fein, dass der Junge sich mit einer Hommage bei seinem Papa bedanken will, die Zeilen "Everything is fine, dad/Proud to call you my dad/Thank you for my life dad" könnte aber jeder Unterstufler im zweiten Jahr Englisch hinklatschen. Bei so viel klebrigem Familienglück hilft nur die Skip-Taste. Brrrr.

Auf lyrische Niveausteigerung wartet man weiterhin vergeblich. Im Großen und Ganzen geht es um alles, was den heranwachsenden Emoboy bewegt: Liebe, pubertätsbedingtes Selbstmitleid, Zukunftsträume, blah. Sind Texte wie "Everything is gonna be alright/be strong/believe!" ("Believe") ehrlich oder einfach nur naiv?

Die Platte hinterlässt kaum eine Spur im Gehörgang. Links rein, rechts raus. Die nächste Emo-Band, bitte.

Trackliste

  1. 1. Way Away
  2. 2. Breathing
  3. 3. Ocean Avenue
  4. 4. Empty Apartment
  5. 5. Life Of A Salesman
  6. 6. Only One
  7. 7. Miles Apart
  8. 8. Twentythree
  9. 9. View From Heaven
  10. 10. Inside Out
  11. 11. Believe
  12. 12. One Year, Six Months
  13. 13. Back Home

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