laut.de-Kritik

Open-Air-Flair für den ZDF-Fernsehgarten.

Review von

Was wird aus dem Sommerurlaub? Erneut bedrohen ihn steigende Infektionszahlen mit der Delta-Variante. Die Musikindustrie hat glücklicherweise die passenden Ersatzprodukte zur Hand. Giovanni Zarrella hat mit "Ciao!" bereits erfolgreich ein Substitut für die diesjährige Italien-Reise vorgelegt. Mit feinfühligen Rummelbums-Instrumentals schuf er Bilder von den malerischen Landschaften der Toskana vor dem geistigen Auge. Falls die Pandemie jetzt auch noch den Mallorca-Flug verhagelt, sichert Alvaro Soler mit seinem dritten Album "Magia" der deutschen Provinz etwas spanisches Flair.

Im Pressetext erklärt er den Albumtitel: "Mir ist aufgefallen, wie oft wir das Wort für Dinge benutzen, die man nicht anders beschreiben kann. Nicht alles braucht tausend Worte, nicht alles einen Grund – manchmal überwältigen uns die kleinen Dinge." Das klingt ganz stark danach, als wolle sich der gebürtige Barceloner gegenüber Kritik immunisieren. Sicher wäre es ihm lieb, wenn Rezensenten sein Album einfach als "magisch" und "überwältigend" bezeichnen würden, statt kostbare Wort-Ressourcen zu verschwenden. Leider scheitert es schlicht und ergreifend an diesen Merkmalen.

Das eröffnende Titellied klingt ab der ersten Sekunde bereits derart nach dem ZDF-Fernsehgarten, dass eigentlich nur die vorgeschaltete Anmoderation der quirligen Andrea Kiewel fehlt. Produzent Alexander Zuckowski setzt auf Sommerfeeling, kesses Fingerschnipsen und Claps, an denen sich das ausgelassene Publikum orientieren kann. Dazu schmachtet der durchgängig auf Spanisch singende Soler von der "Magie deiner Augen". Ein "Ba-ba-ba-ba-ba"-Chorus verhindert zudem, dass die sprachunkundige Zuhörerschaft frustriert stiften geht.

Glatt und belanglos plätschern auch die folgenden Songs dahin. Zumeist dominiert die Akustikgitarre, die durch "Manana", "Dejala Que Baile", "Amor Para Llevar", "Diferente" oder "No Te Entiendo" klimpert und klischeebehaftete Bilder von spanischen Strandbars abruft. "Si Te Vas" enthält zumindest Spuren von Melancholie. Aber keine Sorge, sie bleibt bittersüß, um die Lagerfeuer-Atmosphäre zu bewahren. "Despiertos" durchkreuzt kurzzeitig den lobotomierten Schunkel-Sound mit einer unvermittelten Rap-Einlage, die zum Fremdschämen einlädt wie eine Hip-Hop-Parodie.

Die spanische Sonne sorgt allerdings auch für zwei Lichtblicke, wenn auch mit überschaubarer Strahlkraft. "En Tu Piel" weist als einziges Stück eine erkennbare Spannungskurve auf. Nach einem entspannten Einstieg steigert es sich immer weiter rein bis zum streicherbetonten Finale. "Alma De Luz" bildet in gewisser Hinsicht das Gegenstück dazu. Statt als stereotypes Element im Schlager-Brei zu versinken, beansprucht die Gitarre hier die vollständige Begleitung Alvaro Solers. Beim ordentlichen Ergebnis könnte es sich fast um ein altes Volkslied handeln.

Die beiden Ausreißer verbessern den Gesamteindruck jedoch nur marginal. Alvaro Soler kommt mit Blick auf sein drittes Album gleichwohl zu einem anderen Urteil: "'Magia' ist sicher mein bisher intimstes und in meinen Augen auch bestes Album." Bei allen Zugeständnissen, die schon wegen der sprachlichen Barriere geboten sind, spricht aus der Musik eher ein Mangel an Persönlichkeit. Dabei lebte der Sänger sieben Jahre lang in Tokio und beherrscht sechs Sprachen. Wer so zwischen den Welten wandelt, sollte mehr bieten, als einen platten Open-Air-Vibe als Intimität zu verkaufen.

Trackliste

  1. 1. Magia
  2. 2. Despiertos
  3. 3. Manana
  4. 4. Tipo Normal
  5. 5. Si Te Vas
  6. 6. Dejala Que Baile
  7. 7. Amor Para Llevar
  8. 8. Te Busqué
  9. 9. En Tu Piel
  10. 10. Hawaii
  11. 11. Diferente
  12. 12. No Te Entiendo
  13. 13. Alma De Luz

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3 Kommentare

  • Vor 3 Jahren

    Also er spricht zumindest wirklich Spanisch, abgesehen davon ist er aber auch lediglich ein optisches Upgrade zu Marquess.

  • Vor 3 Jahren

    Laut kann ja gerne düstere, deprimierende Gitarrenmusik hören gehen aber sowas mögen Influencer eben nicht. Die Musik von Alvaro Soler hingegen ist pures fuego. Er füllt die Lücke, die gamechanger Marquess mit ihren lyrisch virtuosen Spanisch-Kenntnissen schmerzlich hinterlassen haben. Authentische Songs für sonnenaffine Leute, die zudem multitaskingfähig sind da sie beim Hören des authentischen Spanischs ihre Spanisch-Skills boosten können. Auf geht`s an die playa, der Sommer wird caliente!

  • Vor 2 Jahren

    Es stellt sich für mich die Frage, ob der Rezensent, also wohl ein Musikexperte, diesen Anspruch wird man schon noch stellen dürfen, den Unterschied zwischen einer Gitarre und einer Ukulele erkennt. Letztere bleibt komischerweise unerwähnt....