laut.de-Kritik

Die Kunst, Dinge mit nur wenigen Worten zu erklären.

Review von

Strophe, Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Stroph ... langweilig. Endlich mal jemand, der sich auf "Das Wesentliche" konzentriert und Lieder nur mit Refrains raushaut. Bei Songs, wie "Das Ist Demokratie" grölte man doch auch am liebsten den Refrain mit. Andreas Dorau hatte eigentlich immer schon eine Vorliebe für Popmusik, war aber oft genervt von den langen Strophen.

Das Refrain-ohne-Strophen-Projekt startete der Musiker aus Hamburg bereits 2017 auf der Popkultur in Berlin. Das Live-Hit-Spektakel kam gut bei den Zuhörern an und somit wurde daraus eine ganze Platte. Unterstützung gibt es u.a. von Carsten Erobique Meyer und Gunther Buskies.

"Das Wesentliche" beinhaltet 15 Songs, kurz und knackig mit allerlei Soundgarnitur und Instrumenten. Zum Träumen ("Du Bist Eine Insel"), zum Weinen ("Gebrauchtes Herz"), zum Nachdenken ("Naiv") und einfach nur zum (Ab-)Tanzen ("Unsichtbare Tänzer"). Schmissige Dancefloor-Hymnen, elektronische Pop-Dramaturgie, spacige Weltall-Atmosphäre: Dance-Hits mit Seele und Niveau. Jeder Sound gleicht einer Melodie.

Dorau ist nicht der Typ, der sich hinsetzt und einen Song aufs Papier kritzelt. Er sammelt Ideen, Geschichten und Biografien von anderen Menschen. Den Sprung in die Charts schaffte er damals schon mit Die Liebe Und Der Ärger Der Anderen. Ist aber auch gar nicht so schwer, meint er selbst dazu. Und in englischer Sprache geht zwischendurch auch noch ("Hey Tonight"): "Hey, hey, hey, what are you looking for?". Entweder man hat Pop drauf oder eben nicht.

Wie ein sommerlicher Spaziergang durch das verregnete Hamburg, so klingt "Nein!". Natürlich regnet es nicht immer in der Hansestadt. Gegen dieses und andere Vorurteile wird sich Andreas an anderer Stelle noch zu Wort melden. Wichtig bleibt es für ihn auf dieser Platte aber direkt auf den Punkt zu kommen.

Herr Dorau ist auf der Suche nach einer schlichten und repräsentativen "Identität". Vielleicht spricht er aber auch nicht von sich selbst. Sind wir nicht alle auf der Suche nach neuen Persönlichkeiten? Möglichkeiten, die unser Tun und Handeln ändern? Wie gerne würde man schlimme Erlebnisse und böses Ereignisse einfach verdrängen, wegwischen. Sich selbst neu erfinden oder mal in eine andere Rolle schlüpfen? Geht das überhaupt? Können wir uns verändern? Andreas bringt uns auf den Boden der Tatsachen zurück: " Dinge können sich ändern, Menschen leider nicht" ("Dinge Können Sich Ändern").

Zum Glück ändert sich wenigstens das musikalische Vergnügen bei Andreas Dorau nicht. Kompositionen, die einen zum Schmunzeln oder zum Lachen bringen, weniger Strophe, aber dafür leben auch die schwermütigen Momente von den berührenden Refrains: "Gebrauchtes Herz günstig zu verkaufen. Etwas lädiert vom öfter mal Saufen " ("Gebrauchtes Herz"). Man muss nicht immer um den heißen Brei herum reden. Herr Dorau kann wunderbar Gedanken, Emotionen, Dinge oder Geschehnisse ("Wieso", "Fallen") mit nur wenigen Worten verständlich erklären.

Zum großen Finale mit Pianoklängen und Backgroundgesang gibt es dann noch eine Warnung mit auf den Weg: " Was immer du auch vor hast, lass es bitte sein. Die Welt ist meistens ungerecht, brutal und gemein". Seine Ratschläge nimmt man sich auf jeden Fall zu Herzen. Und sein neues Album kauft man ihm sofort ab.

Trackliste

  1. 1. Nein!
  2. 2. Unsichtbare Tänzer
  3. 3. Identität
  4. 4. Menschen Tragen Graue Hüte
  5. 5. Wieso
  6. 6. Dinge Können Sich Ändern
  7. 7. Gebrauchtes Herz
  8. 8. Du Bist Eine Insel
  9. 9. Naiv
  10. 10. Vielleicht
  11. 11. Hey Tonight
  12. 12. Fallen
  13. 13. Instant Magic
  14. 14. Schwierigkeiten
  15. 15. Was Immer Du Auch Vor Hast

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