laut.de-Kritik
Über Nacht zum Retro-Rock.
Review von Michael EdeleDie erste Enttäuschung 2013 liefern Audrey Horne ab. Während die beiden größten, deutschen Printmagazine die Scheibe zum Album des Monats küren, wird die Platte bei mir nach der Review wohl kaum mehr den Weg in den Player finden - ganz im Gegensatz zu den beiden Vorgängern.
Die Fragen lauten nun: Woran liegts? Ist das Album wirklich so mies? Und warum überschlagen sich Rock Hard und Hammer? Schlecht ist "Youngblood" mit Sicherheit nicht, aber Tatsache bleibt leider, dass vom Stil der letzten beiden Scheiben, der rockige, wenn nicht sogar leicht metallische Alternative-Sounds mit diversen progressiven Einschüben verbunden hat, insgesamt nicht mehr viel übrig ist.
Audrey Horne spielen auf "Youngblood" straighten, gut gemachten, aber leider Gottes eben Allerwelts-Hardrock, der dank der doppelten Gitarrenläufe gerne mal an Thin Lizzy erinnert, aber sich ansonsten erschreckend langweilig am momentan angesagten Retro-Rock orientiert. Damit wäre auch schnell der Umstand erklärt, dass die beiden Printmedien hier Höchstnoten zücken. Schließlich wird dort alles in dieser Richtung gerade abgefeiert.
Musikalisch lassen die Skandinavier nichts anbrennen, da besteht keine Gefahr, aber schließlich muss man sich auch an seinem eigenen Erbe messen lassen. Dagegen stinkt das neue Album einfach ab. Fast beschleicht einen der Eindruck, als würden die Jungs irgendwelche - zumindest mir - unbekannten Coverversionen von Boston oder irgendwelchen anderen angestaubten 80er-Jahre-Hardrockern spielen, anstatt eigenes Material zu präsentieren.
Nicht mal Toschies fantastische Stimme hebt das Ganze über das Niveau ordentlicher Kiffermucke hinaus. Das gelingt nur hin und wieder in Songs wie dem treibenden "Straight Into Your Grave", "Cards With The Devil" oder dem ebenfalls mit gutem Drive versehenen "Pretty Little Sunshine". Das tröstet aber zu keiner Zeit darüber hinweg, dass eine außergewöhnliche, eigenständige Band sich quasi über Nacht selbst zum Mitläufer degradiert hat.
Nur bei den letzten beiden Tracks "This Ends Here" und "The King Is Dead" bricht der bisherige Stil der Norweger wieder leicht durch und ruft wieder ins Gedächtnis, was die Allstar-Truppe so außergewöhnlich gemacht hat. Schlussendlich bleibt aber die Wehmut und "Twin Peaks" als einzige Möglichkeit, sich Audrey Horne in der Form zu geben, wie man sie kennen und lieben gelernt hat – wenn auch nicht musikalisch.
Wer ein gutes Rockalbum im derzeit leider überall angesagten Retro-Style haben will, ist mit "Youngblood" gut beraten. Wer ein bärenstarkes Audrey Horne-Album mit den gewohnten Trademarks der Band erwartet, dürfte von der Scheibe dagegen ziemlich enttäuscht sein.
4 Kommentare
jetzt bin ich verunsichert. Wenn die Retrowelle verteufelt wird, kann man ruhig mal ein Ohr riskieren. hmhm.
Wird doch nicht verteufelt, eher der Hype jedes Hard Rock Albums querbeet. Nach langer Zeit ist dies auch wieder eine Edele Rezension, die ich nicht stärker loben könnte. Ich war entsetzt, als ich die Tracks vor einer Woche auf Youtube hören konnte. Wirklich absolut belanglos. Mal sehen, was Audrey Horne Fans sagen. Ich habe mir bisher deren Musik nicht angehört, aber ein paar ältere Tracks, die mit dem neuen Album auf Youtube verlinkt waren, klangen verdammt gut.
"Nicht mal Toschies fantastische Stimme hebt das Ganze über das Niveau ordentlicher Kiffermucke hinaus."
Ich weiß auch nicht, ob Edele nur versucht zu trollen, aber bei solchen Zeilen möchte selbst ich als Nicht-Kiffer ihm 'ne ordentliche Portion ins Met mischen.
Die waren doch schon immer "Retro" - Post-Grunge. Werde das Album anhören. Und der überzogene Hype ist indirekt das Armutszeugnis für den ganz anderen noch belangloseren anderen Scheiß.
http://www.youtube.com/watch?v=QsIztCRSX4s
wow, da höre ich mir lieber das Graveyard-Album an. Das ist echt würg.