laut.de-Kritik

Perlen abwechslungsreich gestalteter Songwriter-Kunst.

Review von

"Weit Weg" ist er gewesen. "Out Of Space" sozusagen, und hat dabei "Viel Gesehen". Mitgebracht hat er einen bunten Strauß verschiedener Eindrücke - und eine neue Wagenladung voll "Gute Musik". "Weit Weg" brilliert wahrhaftig mit Perlen abwechslungsreich gestalteter Songwriter-Kunst.

Was organisch und handgemacht klingt, ist es auch: Clueso scharte in seinen Zughafen-Studios eine Band um sich, die man mit Handküssen überhäufen möchte. Anders (in "Mein Bestes") ausgedrückt: "Die erste Reihe fällt in Ohnmacht oder fängt an zu weinen, denn meine Band betritt den Saal." Die Herren an den Instrumenten servieren eine Vielfalt musikalischer Einflüsse in einer Weise authentisch, dass keinen Augenblick das Gefühl der Beliebigkeit aufkommt.

Zauberhafte Popmelodien, oft getragen von akustischen Gitarren, schweben durch den Raum. An anderen Stellen kommen die Saiten funky ("Sterblich"), rockig ("Schwer") oder gar im Punk-Gewand ("Hirn Ein") daher. Treibende Rhythmen jagen durch "Crash", das in der Stimmung dennoch an Freundeskreis' "A.N.N.A." erinnert. Einzig der Ausflug in den Reggae ("Bleib Hier") will nicht ganz gelingen: Das jamaikanische Viech wirkt hier bedauerlicherweise domestiziert bis zur Zahnlosigkeit.

Glaubwürdig bis zum letzten präsentiert sich der Sänger. Clueso rangiert zwar keineswegs in der Abteilung "Stimmwunder". Als Top-Rapper geht er - überdeutlich erkennbar an den Stellen, an denen er sich auf den Sprechgesang besinnt - auch nicht wirklich durch. Nichtsdestotrotz höre ich ihm gerne zu: Ehrlich, ungekünstelt und mit einer Extra-Portion Herzblut bewegt er sich durch seine Texte, die oft auf kleinen, alltäglichen Beobachtungen beruhen.

Da haben wir auch schon ein Problem: Oft nämlich geben diese Kleinigkeiten schlicht nicht genug her. Die Kennenlern-Story von "Frische Luft" versandet seltsam im Nichts. Auch "Mein Bestes" und die zu einer Riesen-Herzschmerz-Nummer aufgeblähte Sekundenbegegnung aus "Crash" wirken inhaltlich doch eher dünn. Die Luftschlösser aus "Chicago" und die in der Liebeserklärung an Cluesos Heimat Thüringen, "Bleib Hier", erteilten Ratschläge tragen einen gutmenschelnden Zug, der auf Dauer ein wenig nervt.

Was den Gesamteindruck jedoch nur unwesentlich schmälert: "Da Wohnt So'n Typ", das druckvoll mit grandiosen Tempowechseln, klasse Bläserparts und einem Besuch von Max Herre glänzt, oder das unfassbar hirnverknotende, den relaxten Charme einer gut abgehangenen Bill Withers-Nummer versprühende "Morgen Gestern" entschädigen vielfach. Hier schaut übrigens, was nicht minder Anlass zur Freude bietet, Cluesos alter Freund Immo vorbei - nach "Setz Deinen Verstand Ein" (auf "Grenzenlose Freiheit") schon das zweite Mal, dass ich mir denke: Was für eine passende Verbindung!

Tja, wenn morgen gestern wär', dann wüsst' ich heute schon Bescheid, ob diese beiden Buben nicht einmal auf Albumlänge kooperieren wollen. Ich wäre hochgradig begeistert.

Trackliste

  1. 1. Frische Luft
  2. 2. Sterblich
  3. 3. Mach's Gut
  4. 4. Bleib Hier
  5. 5. Weit Weg mit New Telephatics
  6. 6. Viel Gesehen
  7. 7. Winter Sommer
  8. 8. Ey Tino!
  9. 9. Überall Bist Du
  10. 10. Da Wohnt So'n Typ mit Max Herre
  11. 11. Hirn Ein
  12. 12. Crash
  13. 13. Schwer
  14. 14. Chicago
  15. 15. Morgen Gestern mit Immo
  16. 16. Mein Bestes
  17. 17. Out Of Space
  18. 18. Crash

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