laut.de-Kritik

Gigantisch, schräg, irre und einfach Devin Townsend.

Review von

So, Mädels. Ich mach es jetzt mal amtlich und bezeichne Devin Townsend als musikalisches Genie, das einer Gestalt wie Frank Zappa in nichts nachsteht. Genie und Wahnsinn halten sich hier meist die Waage, aber hin und wieder schlägt das Pendel in beide Richtungen aus.

Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass sich mit "The Retinal Circus" ein Kreis schließt. Nachdem ein Clown mit einer überdimensionalen Rübe kurz auf die Bühne kommt und um Ruhe bittet, führt Steve Vai – der Devin damals für sein großartiges "Sex And Religion"-Album der Welt vorstellte – durch die Show. Und die ist wirklich gigantisch und schräg und irre gut und einfach irre und einfach Devin Townsend.

Es dauert ein wenig, bis die Sache wirklich los geht, aber dann ... Dann steigt ein Gospelchor in die Show ein und lässt die zauberhafte und einfach großartige Anneke Van Giersbergen den Anfang machen, ehe der Meister selber im weißen Frack und Zylinder auf die Bühne schleicht. Gänsehaut pur!

Und dann wird es eben wirklich schräg. Manche Performance auf der Bühne wirkt im wahrsten Sinne des Wortes affig und rangiert nahe am visuellen Overkill, aber darauf legt es das Spektakel auch an. Dass es hin und wieder einfach zu viel des Guten ist, bekommt Anneke in "War" und "Soul Driven" zu spüren.

Ob man wirklich die Wochenendaufführung von "Cats" bei "Animals" benötigt, sei mal dahin gestellt, aber wir sprechen schließlich von einem Zirkus und zwar nicht von einem der typischen Sorte, sondern eher im Sinne einer Freakshow. Und in dieser fühlt sich der Meister sichtlich wohl. Zwar ist manches absolut over the top, schwer übertrieben und stellenweise an der Grenze zur Albernheit (Stichwort: Riesenpimmel und Riesenvagina samt Livegeburt eines Mini-Ziltoid) aber wer hat von dem Mann ernsthaft etwas anderes erwartet?

"It's a musical. How gay can you get?", fragt er von der Bühne und das Publikum ist geschlossen bei ihm. Nach und nach wechselt Devin von weiß zu schwarz, und auch die Songs werden dunkler. Allerdings nur bis zur Pause, denn dann wandert die zweite Scheibe in den Player und Devin steht wieder in weiß und mit der Akustischen auf der Bühne, um eine ganz sanfte Version von "Hyperdrive" anzustimmen.

"Ich-Ah" und "Where We Belong" setzen auf verträumte und eher zarte Töne. Aber leider auch wieder auf Gehampel im Hintergrund. Doch damit hat es dann mit einem Schlag ein Ende, wenn Jed Simon - Gitarrist von Strapping Young Lad, die Bühne betritt, denn mit ihm gibt es bei "Detox" richtig derb auf die Mütze. Unglaublich, wie sehr der Song killt! Allerdings klingt hier deutlich an, wie viel bei der Show vom Band läuft.

Danach geht es mit den Hupfdohlen und all dem Kram nahtlos weiter. Simon bleibt bei "Bend It Like Bender!" noch auf der Bühne, verzieht sich dann wieder nach hinten, um später für "Kingdom" noch einmal zurück zu kommen.

Musikalisch gibt es wirklich gar nichts auszusetzen. Kann man sich mit dem ganzen Brimborium anfreunden, erhält man die ultimative Vollbedienung. Wer nach dem schrägen Finale und den Zugaben immer noch nicht genug hat, kann sich unter "Retinal Behind The Masks" anschauen, wie es bei den Proben ablief.

Trackliste

DVD I

  1. 1. Intro
  2. 2. Effervescent!/True North
  3. 3. Lucky Animals
  4. 4. Planet Of The Apes
  5. 5. Truth
  6. 6. War
  7. 7. Soul Driven
  8. 8. Planet Smasher
  9. 9. Baby Song
  10. 10. Vampolka
  11. 11. Vampira
  12. 12. Addicted
  13. 13. Colour Your World
  14. 14. The Greys

DVD II

  1. 1. Intro
  2. 2. Hyperdrive
  3. 3. Ih-Ah
  4. 4. Where We Belong
  5. 5. Detox
  6. 6. Bend it Like Bender
  7. 7. Life
  8. 8. Kingdom
  9. 9. Juular
  10. 10. Love?
  11. 11. Colonial Boy

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