laut.de-Kritik

Hammer-Soli, Mörder-Arrangements ... was man eben so erwartet.

Review von

Äh, ja ... neue Dream Theater ... groß, progressiv, irgendwie geil, genau wie die meisten anderen, Hammer-Soli, Mörder-Arrangements ... was man eben so erwartet. Noch irgendwelche Fragen? Ja, ne, besser heute kaufen als morgen. Was? Immer noch nicht überzeugt? Na gut, dann eben ausführlicher.

"Root Of All Evil" ist ein klassischer Opener und legt nach einer kurzen Aufwärmphase ein sattes Tempo vor. Ähnlich wie der Vorgänger "Train Of Thought" ist das Stück recht düster, ungemein heavy und erzeugt mächtigen Druck zwischen den Ohren. Mike Portnoy greift thematisch wieder das Thema Anonyme Alkoholiker auf, musikalisch sind immer wieder Verweise zu "The Glass Prison" und "This Dying Soul" zu hören.

Kaum klingt der Song mit einem wunderschönen Klavier aus, schalten die New Yorker gleich mal vier Gänge zurück und schieben mit "The Answer Lies Within" eine Ballade nach. Obwohl der Song bei weitem nicht schlecht ist, reicht er doch kaum an Göttergaben wie "Surrounded" oder "Space-Dye Vest" heran. Nach einer kurzen Überleitung bietet "These Walls" eine schöne Mischung aus dem Vorangegangen, mit einer leicht melancholischen Stimmung und einem großartigen Chorus.

Sämtliche Trübsal fliegt mit "Walk Beside Me" über Bord, denn ich kenne kaum einen Dream Theater-Song, der eine derart positive Stimmung im Refrain verbreitet. Ist definitiv charttauglich und klingt beinahe ein wenig poppig. Wer aber dachte, dass "The Root Of All Evil" schon heavy war, der soll sich bei "Panic Attack" besser anschnallen. Das Bassintro muss der gute John Myung zwar bei mir geklaut haben (hüstel), aber ansonsten ein erstklassiger Song.

"Never Enough" mischt angenehme Härte mit süßlichen Melodien und einem interessanten Effekt auf James LaBries Gesang. Doch die wahren Gourmethappen folgen erst mit "Sacrified Sons" und dem Titeltrack. Ersterer fängt mit ein paar Radio- und Fernseh-Samples aus der Zeit vom 11. September an und befasst sich auch textlich mit dem Thema, ohne auf den Patriotismus von Iced Earth zurückgreifen zu müssen. Dafür mischt sich zum erstem Mal in der Geschichte der Band ein Orchester ein und erschafft beinahe Soundtrack-Atmosphäre.

Obwohl der Song quasi als Ballade beginnt, hat James LaBrie nach den ersten vier Minuten Sendepause, und die Instrumental-Fraktion packt richtig aus. Die beiden Johns, Mike und Jordan, toben sich dreieinhalb Minuten lang aus, erst dann darf James wieder ins Geschehen eingreifen. Aber so eine zehnminütige Nummer ist natürlich nur Kleinkram, wenn darauf die 24 Minuten von "Octavarium" folgen.

"Octavarium" beginnt zunächst mit einem überlangen, sphärischen Intro, welches in sanfte Klänge von Flöte und Akustikgitarre übergeht. Langsam kommen James' Stimme und Klavier dazu, ehe Bass und Schlagzeug zaghaft einsteigen. Auch wenn es eine leichte Steigerung gibt, bleibt der erste Teil des Songs recht ruhig. Den Übergang zum zweiten Teil markiert Myungs effektvolles Bassspiel - nach und nach geht einfach wieder schlicht unglaublich die Post ab. Es darf gejazzt, gefrickelt, gerockt werden bis zum Abwinken - inklusive einer kurzen Flamencoeinlage.

Auch dieses Mal geht die Höchstnote nach New York, und daran wird sich allem Anschein nach wohl so schnell nichts ändern.

Trackliste

  1. 1. The Root Of All Evil
  2. 2. The Answer Lies Within
  3. 3. These Walls
  4. 4. L Walk Beside You
  5. 5. Panic Attack
  6. 6. Never Enough
  7. 7. Sacrificed Sons
  8. 8. Octavarium

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Dream Theater – Octavarium €3,98 €3,00 €6,98

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Dream Theater

Heavy Metal steht bei vielen Unwissenden nach wie vor in dem Ruf, keine sonderlich anspruchsvolle Musik zu sein. Dass dies jedoch absoluter Blödsinn …

42 Kommentare

  • Vor 19 Jahren

    Wie, hier gibt's noch keinen Thread zum neuen Album der Vorzeige-Prog-Metal-Band? Das Forum enttäuscht mich, einen riesen Thread zu "Porcupine Tree - Deadwing" hat es doch auch!?

    Also rankommen und Thread füllen! Kann ja nicht sein, dass ich mich extra dafür anmelden muss, nur weil ihr alle zu unfähig sein. ;)

    So, aber nun zum Thema:

    Mich beschleicht der Eindruck als hätten Prog-Bands neuerdings einen privilegierten Status auf www.laut.de. Die Wertungen von "Deadwing" also auch von "Octavarium" gehen zwar in Ordnung, aber sind beide viel zu überschwenglich. Weder das eine noch das andere stellt das Highlight der jeweiligen Bandhistorie dar. Ich finde, etwas mehr Differenzierungsfähigkeit und Objektivität könnte man schon an den Tag legen. Wenn ich Fanboystatements lesen will, geh ich in entsprechende Foren. ;)

    So, aber jetzt wirklich zum eigentlichen Thema (siehe Überschrift):

    "Octavarium" stellt für mich nach "Train of Thought" wieder ein schwächeres DT-Album dar, wobei "schwächer" keinesfalls gleichbedeutend mit schwach ist. Das Album ist immer noch stark, nur hab ich den Eindruck, dass die Band selbst nicht so genau wusste, was sie jetzt eigentlich machen will. Einzige feststellbare Neuerung ist meines Erachtens, die stärkere Pop-Orientierung, wobei das auch nur für wenige Songs killt. "I walk beside you" könnte problemlos von U2 stammen. Kurz, knackig und eingängig bis zum Gehtnichtmehr. Für mich dennoch einer der besten Songs des Albums. Ohnehin ist das mal wieder alles hochklassig, mal abgesehen von "The answer lies within". Sorry, aber der Song geht für DT-Verhältnisse gar nicht.
    Was dem Album fehlt sind die hervorstechenden Highlight. Die Momente, in denen man aus seiner Hörlethargie aufwacht, das Album lauter dreht und nur noch fasziniert ist. Der Titeltrack beinhaltet durchaus solche Momente, verliert sich aber in seiner Länge vor Allem im Vergleich mit "A change of seasons" in zu wenig Abwechslungsreichtum.
    Der Rezensent von www.plattentests.de hat schon irgendwo Recht, wenn er am Schluss fragt "Quo Vadis, Dream Theater" (wenngleich die Wertung viel zu niedrig ist)? Fragt sich schon, wo die Band eigentlich noch hin will. "Octavarium" beantwortet diese Frage nicht. Vielleicht ist es auch einfach das obligatorische, kompromissreiche Stilvakuum, das die Band in der Vergangenheit immer mal wieder gebraucht hat um sich neu zu definieren. Was bleibt ist ein gutklassiges Album, das zwar die Erwartungen erfüllt aber doch einige Fragen aufwirft. Meine Wertung: 4 von 5 Punkten.

    So, jetzt ihr! :)

  • Vor 19 Jahren

    Als "alter" Dream Theater Fan bin ich enttäuscht vom neuen Album. Ich will nur kurz meine Kritikpunkte stichwortartig aufführen:

    - Selbstkopie! Ab und zu mal Zitate aus alten eigenen oder fremden Stücken ist ja nett, aber langsam nervt es.
    - 2. Track, nur peinliches Gejammer
    - Klingen nach U2 und extrem nach MUSE. Als ich "Never enough" hörte, hat mich fast der Schlag getroffen.
    - Der ganze Bombast macht das Album total matschig, im Gegensatz zum knackigen Vorgänger. Es wirkt glattgebügelt und totproduziert.
    - Die ersten 8 Minuten des Titeltracks sind reine Langeweile.
    - Es bleibt nix im Ohr, alles läuft so an einem vorbei. Alles ist zu einfach und durchschaubar geworden.

    Tim

  • Vor 19 Jahren

    @kamm (« Meine Meinung zu DT ist auch etwas zwiespältig.
    Einerseits sind sie Götter an ihren Instrumenten, genial und kreativ und packen mehr Ideen in einzelne Songs als andere Bands ihr ganzes Bestehen lang überhaupt haben. Andererseits gibt es viel Platz für berechtigte Kritik:
    James der Käse singt oft, wie schon erwähnt, wie ein Powermetalfronter, also mit Eierquetsch-Zuschlag. Anders als Matthew Bellamy zum Beispiel, der in hohen Passagen Kopfstimme benutzt, singt LaBrie dann in einer angestrengten Pressstimme, die vor allem live viel zu oft an ihre Grenzen kommt.
    Oder Jordan Rudess, ein genialer Keyboarder (man höre 'An Evening with John Petrucci & Jordan Rudess'), der manchmal meint allen zeigen zu müssen, dass er der Beste ist und dann minutenlang technisch perfekt seínem Keyboard 80er-Jahre Quietschetöne entlockt, die natürlich extrem schwer zu spielen sind, sich aber leider nicht gut anhören.
    Trotzdem sehr gute Band! »):

    Das gibt so ziemlich genau das wieder, was auch ich von dieser Band denke. Keine Band quält mich so wie Dreamtheater:
    Hammergeile Songs und Liveauftritte aber immermal wieder diese "wohin solls denn jetzt überhaupt gehen?" Tracks. Octavarium ist so einer für mich. Da ich "A change of seasons" (23:06 min) genial bis zum Abwinken finde, hatte ich bei "Octavarium" (24:00 min) mit einem ähnlich fetten Knaller gehofft, wurde aber leider enttäuscht.
    Trotzdem bin ich froh, das es in unserer Klingeltonverseuchten Zeit noch solche Musik gibt!

  • Vor 19 Jahren

    Mir gefällt Octavarium klar besser als A change of seasons. :)

  • Vor 17 Jahren

    hm also die sache mit "shine on you crazy diamond" von pink floyd is mir auch aufgefallen aber so EINDEUTIG wie du das sagst isses nich also als ich das album einigemale gehört hab is mir noch nix aufgefallen aber als ich mir dann shine on you crazy diamond reinzog da kams dann sofort .... naja eben nich ganz selbstgemacht. Trotzdem is für mich einfach 5/5 einfach weil ich für ein so tolles lied+album den "diebstahl" mal übersehen will. Aber wenn das in Zukunft häufiger vorkommen sollte dann kann man da leider nichmehr so drüberhinwegsehen..... auch zum Thema Selbstkopie ich find das nicht wirklich so mörderschlimm würde diesen Lieder zwar nich 5/5 geben aber die anderen auf der CD reissen das wieder raus. Bin zwar nicht auf übelste weise postitiv überrascht aber auch kein bisschen enttäuscht. Solides Progressive Metal Werk der genialen Art:D