laut.de-Kritik
Die Mauern von Jericho erbeben.
Review von Irina BrüningLang angekündigt, immer wieder verschoben, nun endlich da: das Album "It Wasn't Hard To Love You", mit dem Fanfare Ciocarlia ihr 25-jähriges Jubiläum feiert. Fans aus der ganzen Welt unterstützten das Projekt mit Spenden, damit die Rumänen endlich wieder fleißig ins Blech spucken konnten (ja, ich weiß, das Saxophon mit seinem Rohrblatt ist streng genommen ein Holzblasinstrument).
Der Einstieg "Just The Two Of Us" wirkt etwas befremdlich; unwillkürlich fragt man sich, ob die schlechte englische Aussprache in dieser Coverversion Absicht ist. Es handelt sich hier um einen Beitrag zum Soundtrack von "Borat 2" und der Humor von Sasha Baron Cohen ist bekanntlich nicht für jedermann zugänglich.
Gesungen wird auf dem Album ansonsten nicht viel. Zweimal dürfen wir der rumänischen Sprache lauschen, davon einmal in der "Pannonicated Polka", einer Einladung an Mädchen, mit in die Disko zu kommen und einfach den Moment zu genießen. Der Text sagt YOLO, die Musik wendet sich scheinbar an die ältere Generation, sie geht Richtung Umtata im Musikantenstadel. Wer Gankino Circus kennt, wünscht sich an dieser Stelle ein musikalisches Aufeinandertreffen von Nordostrumänien und Westmittelfranken, könnte lustig werden.
In der Regel wird die menschliche Stimme auf "It Wasn't Hard To Love You" wie ein Instrument eingesetzt, das die Tonleiter ebenso schnell hinauf- und hinunterklettert, wie die anderen Instrumente es tun. Fingerfertigkeit ist ganz klar eine Stärke sämtlicher Bandmitglieder - Stücke wie "Porsche Polka" und "Demon Dance" gehen ab wie die Feuerwehr.
Wer Abwechslung auf der Melodieebene sucht, bleibt ein wenig enttäuscht zurück. Die meisten Titel sind stets nach dem gleichen Prinzip aufgebaut, sie bestehen aus verschiedenen kurzen und einfachen Motiven, die sich abwechseln. Die schönste Melodie findet sich vielleicht in "First Aid Klezmer". Aber der Reiz von Musik muss ja nicht unbedingt in der Melodie liegen und im Falle dieses Albums liegt er häufig im Rhythmus. Man höre in der Mitte von "Busbus" einmal ganz genau hin, wie sich zwei verschiedene Rhythmen übereinanderlegen! Und die wiederkehrenden Motive haben durchaus auch eine hypnotische Wirkung.
Die musikalische Reise führt durch verschiedene Länder und Epochen. "In The Hungarian Wild Bunch" wird der "Ungarische Tanz Nr. 5" von Johannes Brahms verarbeitet, einige Stücke wie "Red Moon" weisen Richtung Orient. Fest steht, dass alle beteiligten Musiker sowohl zum exakten Zusammenspiel (und das teilweise in einem affenartigen Tempo!) als auch zu solistischen Höhenflügen fähig sind, wie man sie von einer Lerche erwartet.
Insgesamt ist die zweite Hälfte des Albums interessanter als die erste, da facettenreicher. In jedem Falle lohnt sich mehrmaliges Hören, wobei diverse Körperteile ganz von selbst anfangen werden zu zucken.
1 Kommentar
Ein Herz für Balkan Brass!