laut.de-Kritik
Kalifornische Sonne und britischer Regen.
Review von Florian SchadeHaben Coldplay jüngst ein Buch mit dem Titel "Melancholisches Songwriting für jedermann" veröffentlicht? Diese Frage schwirrt durch meinen Kopf während "Pushing The Senses" im Laufwerk seine Runden dreht. Feeders sechstes Studioalbum ist ein nachdenklicher und zurückhaltender Neuanfang nach dem Freitod des alten Trommlers Jon Lee. Beim Entstehungsprozess zur letzten Platte war dieser noch teilweise beteiligt. Der aktuelle Longplayer ist also Album Nummer Eins nach seinem Ableben.
"Pushing The Senses" produzierte zwar zu großen Teilen wieder der langjährige Mitstreiter Gil Norton (Pixies, Foo Fighters). Doch die Platte entwickelt eine geradezu triefende Melancholie, die alten Feelgood-Outputs wie "Echo Park" oder "Yesterday Went Too Soon" völlig abging.
Die erste Single "Tumble And Fall" gibt ein gutes Beispiel, was der Hörer vom Album erwarten kann. Ein reich unterlegter Song mit Gitarren voll kalifornischer Sonne und Lyrics voll britischem Dauerregen, den Fran Healys Mitwirken komplettiert. Das gleiche Prinzip wenden Feeder bei der darauf folgenden Ballade "Tender" an, nur dass hier ein Piano-Intro Grant Nicholas' zarter Stimme vorauseilt. Keane? Nein, Feeder. Und eine bezeichnende Stelle in den Lyrics: "Turn Over Everything, Time Can Heal Us Again, I'm Tender In Your Arms" - der textgewordene Wunsch der Band, die Vergangenheit endlich abzustreifen.
Doch obwohl das Album insgesamt sehr ruhig und erwachsen wirkt, gibt es immer noch ein paar Gute-Laune-Songs, die das alte Feeder-Feeling verbreiten. Der Titeltrack "Pushing The Senses" zum Beispiel. Das ist der alte, unbeschwerte Power-Pop mit griffigem Refrain und treibenden Riffs. Genau wie "Pilgrim Soul", ein echter Old School Feeder-Track, der ein freches Spiel mit der Lautstärke und verzögert einsetzenden Riffs spielt - ein Hit.
"Pushing The Senses" schert sich nicht um die Vergangenheit von Feeder, sondern setzt zum selbstbewussten Neustart in ruhigeren Gefilden an. Es ist eine gereifte, erwachsene und besonnene Platte, die alte Fans abschrecken, aber auch viele neue hinzugewinnen dürfte.
8 Kommentare
sag mir mal jemand, dass es sich trotz dieses ruhigen, aber sehr guten albums lohnt auf deren konzert zu gehen, denn ich mag die band schon seit ewigkeiten udn schuld es denen daher irgendwie, wenn ich bedenke, 16 euro für my chemical romance ausgegeben zu haben.
wer kennt sie also live und wie wird ihr album live rüberkommen?
hab sie live jetzt zweimal als Vorgruppe gesehen - einmal vor den Stereophonics, damals noch mit Jon Lee an den Drums und einem sehr schönem rockigen kurzweiligen Set
dann einmal vor Coldplay, damals war Comfort In Sound das aktuelle Album und der Fokus lag eher auf den melancholischen Songs.
Auf jeden Fall auf der Bühne (eigentlich immer) eine unglaublich sympathische Band, die wirklich gute Stimmung macht und, die wohl bei ihren eigenen Konzerten eine sehr gelungene Mischung spielen und auch viele alte Songs im Set haben.
Ich werd sie mir bei ihrer Tour anschauen, auch wenn mich Pushing The Senses (noch) nicht wirklich umgehauen hat. Auf jeden Fall kann ich sagen, dass auch die langsamen Songs mit viel Herzblut gespielt werden und meist intensiver als die Album-Versionen rüberkommen
Ich finde das Album gut. Obwohl es nach Track 4 für 2 - 3 Songs einen kleinen Durchhänger bekommt, um dann gegen Ende nochmal anzuziehen. Wird vor allem mit jedem Durchgang besser...
Dieses Konzert in Berlin war der absolute Hammer, von der Stimmung, Klang uns Beleuchtung.
dumm nur für feeder, dass sie buck rodgers zum schluss spielten und alles richtig ausrastete und dannach gut zugaben forderte
und sooo ruhig find ich das album auch nicht, es ist sehr feedertypisch geblieben und da mag ich
nach "comfort in sound" (die mir durchaus gefallen hat) hätt ich mir gewünscht, dass die mal aus ihrem depri-loch rauskommen. als ich die erste single hörte, hab ich zuerst gesagt: "ooooah feeder! schööön!", aber dann wurde mir klar, dass es wieder nicht die erhoffte gute-laune-erlösung alá "echo park" ist. die band steckt in der thematik wie in treibsand und ich hoffe, dass irgendwann wieder die sonne zwischen den dicken englischen regenwolken durchscheint. würde denen auch mal gut tun.
'Pushing The Senses' ist noch eine Spur ruhiger ausgefallen als 'Comfort In Sound', aber das tut Feeder's songwriterischer Genialität keinen Abbruch. Nur 'Pain On Pain' ist etwas zuviel des Guten - an der Stelle hätten sie besser die (rockige) B-Seite 'Shatter' platziert.
Highlights: Bitter Glass, Feeling A Moment, Pilgrim Soul, Dove Grey Sands
Zu einem Feeder-Konzert muss man sowieso mal hin Echt luschtige Zeitgenossen, erstklassiger Live-Sound...