laut.de-Biographie
Graham Coxon
Im November 1990 steht Graham Coxon erstmals mit seiner Gitarre vor Publikum auf einer Bühne. Man kann nur erahnen, wie es in diesem Moment wohl in dem hyperschüchternen Brillenträger, der gerne T-Shirts der Oxford University trägt, innerlich aussieht. Im Rampenlicht steht zu seinem Glück aber Damon Albarn, Sänger seiner Band Blur, der auch in den folgenden Jahren im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses bleibt.
Den zunehmenden Erfolg der Truppe schreiben viele Beobachter dem zurückhaltenden Gitarristen zu, dessen dezent pointierte Riffmelodien den Blur-Singles erst den letzten Indie-Feinschliff verpassen. Nach fetten Erfolgsjahren und einem kleinen Gastspiel als Drummer auf dem Elastica-Track "Vaseline" von 1993 fasst sich Graham 1997 ein Herz und zieht sich alleine ins Studio zurück, um an eigenen Songs zu arbeiten.
Ein Jahr darauf erscheint das Ergebnis unter dem Namen "The Sky Is Too High". Coxon lässt die gewohnte Eingängigkeit außen vor und kreiert stattdessen äußerst störrische Akustik-Rocker. Erfüllt von Liebe zu altem Blues und amerikanischem Lo-Fi-Rock'n'Roll der Marke Pixies und Pavement zeigt sich auf seinen Frühwerken vor allem der Experimentierfreudige, weniger der versierte Songwriter in Coxon.
"Rock stars are not cool. They're full of this guy they called Satan", eine Zeile aus dem Song "Who The Fuck?", zeigt überdies des Künstlers mittlerweile übermächtige Abneigung gegenüber dem Star-Rummel im Pop-Business. Auch die Folgewerke "The Golden D" (2000) und "Crow Sit On Blood Tree" (2001), die Coxon zwischen den Blur-Arbeiten zum Album "13" und der Single "Music Is My Radar" einspielt, zeugen von unbändiger Kreativität abseits des klassischen Pop-Songwritings, das bei Blur mittlerweile weit distinguierter ausfällt.
"The Kiss Of Morning" weist 2002 erstmals ein durchgängig hörbares Konzept auf, das in Anlehnung an alte Blur-Stampfer wie "Moving On" oder spröder Melancholie wie in "He Thought Of Cars" die bislang bemerkenswerteste Arbeit Coxons darstellt. Was nicht heißt, dass die Qualität der nachfolgenden Alben nachließe: Auf "Happiness In Magazines" (2004) und "Love Travels At Illegal Speeds" (2006) arbeitet er sich an Punkrock-Brechern ab, "The Spinning Top" zeigt den Songwriter 2009 von seiner akustisch-sanften Seite und "A+E" gerät 2012 zu einem prächtigen Noiserock-Ausflug.
2015 kommt es dann mit "The Magic Whip" zu einem ebenso kurzzeitigen wie gelungenen Blur-Comeback, danach wird es ruhig um Graham. Die Solokarriere kommt ins Stocken. Erst 2018 und 2019 veröffentlicht er für den Soundtrack der Netflix-Serie "The End Of the F***ing World" neue Stücke.
Drei Jahrzehnte nach seinem ersten Auftritt mit Blur hat sich der schüchterne Junge zu einem ernstzunehmenden, weltweit bekannten Songwriter entwickelt. Selbst Erzfeind Noel Gallagher bezeichnet Coxon mittlerweile als "einen der besten Gitarristen meiner Generation".
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