laut.de-Kritik
Wer Feeling hat, braucht keinen Firlefanz.
Review von Jan HassenpflugWer selbst mal in einer Freizeitkapelle musiziert hat, weiß, wie schnell sich der Proberaum zum zweiten Zuhause entwickelt. Erst kurz vorm Lagerkoller entsteht eine verschworene Band-Gemeinschaft, die in der ein oder anderen unbefangenen Jam-Session ihre wahren Juwelen zusammen schmiedet. Ohne Zugzwang, einfach drauf los entstehen ja bekanntlich die besten Songs. In einem Keller im Kopenhagener Hippie-Distrikt Christiana haben sich Hodja über mehrere Jahre verbarrikadiert, um kugelsichere Pro-Argumente für diese These auszubrüten.
Obwohl ihr Setup mit Gitarre, Schlagzeug und Gesang spärlich daher kommt, brennt die Luft, wo auch immer das Trio aufschlägt. Besonders Singvogel Claudius Pratt zündet mit seiner rassigen Inbrunst einige Brandfackeln. Nicht umsonst hat er sich die Spitznamen 'Angryman' und 'Voodoo-Master' eingehandelt. Was es mit derlei düsteren Pseudonymen auf sich hat, beantwortet die Single "Devil On My Back" auf Anhieb. Vom Teufel besessen röhrt er sich die schwarze Seele aus dem Leib. Dazu schnalzt ein rastloser Südstaaten-Groove mit der Zunge, dass es einem sämtliche Körper-Partien durchzuckt. Das Ding hätte ohne weiteres auch auf dem Soundtrack zu "Django Unchained" Platz finden können.
So richtig ins Rollen kommt der Rock erst Recht in "Wool Sweaters" und "The Rapture". Nicht nur wegen der reduzierten Instrumental-Besetzung kommen Assoziationen zu den White Stripes auf. Die werden dann aber vom verwegenen Spaghetti-Western-Vibe zwischen den Zeilen wieder weggewischt. Cooler kann man keinen Cowboy in den Sattel hieven. In "The Rapture" verteilt der Slide den Vintage-Sound im ganzen Raum und Pratts Stimme kratzt zerstörter denn je am Limit herum.
Derweil nimmt "Jesus Rolls" schon via Titel den Gospel-Flair vorweg. Wenn Gitarrist Tenvoi Levinson den Anschlag so entfesselt wie hier übers Griffbrett wandern lässt, muss das ungebändigte Feeling einfach zum Hörer rüber schwappen. Unverfälscht, widerspenstig und mit schweißtreibender Intensität schleppen sich die Musiker von einer Herzblutnummer zur Nächsten. Um das erhitzte Gemüt ein wenig abzukühlen, streuen sie mit balladesken Ausflügen in "Arlene", "Going Down" oder "Your Eyes" zwischendurch ein paar Beruhigungspillen ein. Federleichte Riffs und sich wiederholende Gesangspassagen hypnotisieren friedlicher als jedes Schlaflied.
Über die Platte hinweg brauchen Hodja eigentlich kaum mehr als einen markanten Gitarrenlauf, einen rasselnden Beat oder das dämonische Organ ihres Wortführers, um Jam-Atmosphäre zu garantieren. "Fear" gebiert eine Melodie, die wahrscheinlich jedem Indie-Pop-Song gut zu Gesicht stünde. Am Ende verirrt sich die unsagbar eingängige Hookline im tanzbaren Rock'n'Roll-Geschwader. Wer Feeling hat, braucht eben keinen Firlefanz. Dass die Jungs ihr Handwerk verstehen, ist nämlich auch ohne schmeichelnde Feinjustierung zu hören. Frisch aus dem Proberaum gekrochen, haben sie dort in jedem Fall genügend Energie und Hingabe entfesselt. So muss das sein.
2 Kommentare
Das kommt gut.
"Singvogel Claudius Pratt zündet mit seiner rassigen Inbrunst einige Brandfackeln."
Besonders leise Töne brennen wie Hölle. Feine schwarze Stimme.