laut.de-Kritik
Melodic Death Metal: vertraut, frisch und monumental zugleich.
Review von Manuel Berger"Winter's Gate" (2016) war sicherlich Insomniums ambitioniertes Projekt – und ging voll auf: Ein 40-minütiger, durchweg spannender Song, in dem die Band all ihre Facetten zeigt. Wiederholen lässt sich derlei freilich nicht. Mit "Heart Like A Grave" legen die Finnen wieder ein 'normales' Album vor: Die Songs fühlen sich aber teilweise noch größer an als der monumentale Vorgänger.
Denn ohne ihren Trademark-Sound zu verändern, holen Insomnium mit jetzt drei Gitarristen noch ein wenig mehr aus ihrer Nische raus. Weil Ville Friman als Universitätsdozent nur noch begrenzt Zeit hat, stieß Tourklampfer Jani Liimatainen fest zum Line-Up. Gemeinsam mit Markus Vanhala entfesseln sie bereits im Opener "Wail Of The North" ein dreistimmiges Fest der Gitarrenmelodie. Die neuen Möglichkeiten kosten Insomnium nicht nur in Lead-Passagen, sondern auch bei Riffs aus. Dem Headbang-Tremolo von "Valediction" zum Beispiel verleiht das Trio den tollen Raumklang, indem es dem zentralen Pattern zwei leisere Stimmen in anderer Tonlage hinzufügt. Eine der beiden vernimmt man zwar nur in ruhigen Kopfhörer-Momenten - diese zahlen sich aber aus.
Dazu bauen Insomnium auch ihre Vocalarrangements aus. "And Bells They Toll" performen sie teilweise vierstimmig – drei Klargesangsspuren plus Niilo Sevänens Growls, die dank der voluminösen Produktion noch mehr an Amon Amarths Johan Hegg erinnern als je zuvor. Auch instrumental fährt die Band groß auf, der Klimax bricht einem Gewitter gleich durch die Boxen: Eine Keyboard-Harmonie ergänzt das mit Leadgitarre, Akustikklampfe, Riffwalze und knorrigem Bass ohnehin schon reich bestückte Arrangement. Dabei versinken Insomnium keineswegs im Kitsch, sondern poltern in der Passage mit wüster Doublebass und Sevänens Gebell sogar ziemlich aggressiv nach vorne.
In punkto Albumdramaturgie zehren die Finnen von der Erfahrung mit "Winter's Gate". Die Songs gehen flüssig ineinander über, ergänzen oft logisch die Spannungsbögen der jeweiligen Nachbartracks. "Valediction" ist tatsächlich die weitergedachte Idee von "Wail Of The North", "The Offering" ersteht wie der rasende Phoenix aus der Melancholie von "And Bells They Toll". "Pale Morning Star" wirkt wie eine komprimierte Werkschau in neun Minuten. Das Instrumental "Karelia" geleitet zum Schluss in bombastischem Glanz aus dem Album. Da die Songs außerdem trotz durchschnittlicher Spielzeiten von über sechs Minuten angenehm greifbar bleiben, ergeben sich keine Längen.
Zwar bewegen sich Insomnium auf "Heart Like A Grave" nie aus ihrer stilistischen Komfortzone. Im Kern präsentieren sie denselben leicht progressiven Melodic Death Metal wie seit Jahren – ein paar an In Flames erinnernde Riffs hier, einige At The Gates-Ausbrüche dort und sowohl in harten als auch ruhigen Parts viele Parallelen zu Amorphis. Doch es scheint, als hätte die Band das kreative Potenzial dieser Mixtur noch immer nicht ausgereizt. Das neue Material klingt vertraut und frisch zugleich.
1 Kommentar
Geiles Album. Finde bei Insomnium bekommt man beim Hören der Lieder immer ein ganz besonderes Gefühl. JETZ T OHNE SCHEISS. xD Ähnlich wie bei der Melancholie von Sentenced.