laut.de-Kritik

Endzeit-Pop für die ganz große Arena.

Review von

Zwei Jahre ist es erst her, dass Ira mit "Visions Of A Landscape" ein viel beachtetes Album abgeliefert haben, mit dem sie erstmals ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Sound definierten und damit einer etwas breiteren Öffentlichkeit ins Auge fielen.

Der zuvor vorherrschende, aus Gitarren genährte Wall Of Sound wurde zunehmend fragiler, die Songstrukturen subtiler. Der Slam Poetry-gestählte Frontmann Tobi Hoffmann legte mit klarer, hypnotischer Stimme die passenden nachdenklichen Botschaften darüber.

Mit ihrem neuen, "These Are The Arms" betitelten Album knüpfen Ira nahtlos an die damals entwickelte Klangästhetik. Teilweise gehen sie - musikalisch wie inhaltlich - sogar noch einen Schritt weiter. Noch ruhiger fließt der Fluss kühler Gitarren-Lava ins Tal des romantischen Schlagzeugs. Noch feiner spinnen Ira die Gebilde, die sich mal ganz zart, dann wieder beinahe vehement aus den Speakern ergießen.

Ob man diese Musik noch Rock nennen darf, bleibt dabei unklar. Eher handelt es sich melancholische Popmusik für Nicht-Popmusik-Hörer. Die vereint zwar durchaus einige Einflüsse aus Wave, Metal und Psychedelic-Rock in sich, verweist zudem aber mit ihrer sehr bewusst gewählten komplexen Konstruktion und spannungsgeladenen Dramaturgie auch auf andere Kunstformen wie Theater und Lyrik.

Ein Eindruck, den die beiden kaum zweiminütigen Instrumentalmoritaten "EPK" und "Score" noch verstärken. Ansonsten bietet "These Are The Arms" vier (!) weitere Stücke, was bei einer Band wie Ira dann doch locker zu einem klassischen 30-Minuten-Longplayer ausreicht. In diesen 30 Minuten bieten sie in der Tat einiges an tiefen Eindrücken und großen Gefühlen.

"My Arms Are Doors / I Cannot Close" wird da als Mantra im Finale des Openers "Katapult" so oft wiederholt, bis es für immer im Ohr des Hörers festsitzt, während beim großartigen "A New Profile" gänzlich unverhofft Terz versetzte Gitarren ums Eck blinzeln und den Raum um Hirn und Herz ganz weit öffnen. Hier ist jedes Lied zugleich auch ein kleines Stück vom großen Drama, das die Menschen in der Welt umtreibt.

So gerät "These Are The Arms" trotz seiner äußerlichen Sanftheit und seines gemächlichen Tempos insgesamt zu einer äußerst intensiven Angelegenheit, die zu erkunden sich lohnt. Bombastisch im besten Wortsinne, gleichzeitig aber auch irgendwie minimal und niemals überladen. Endzeit-Pop für die ganz große Arena ist das eigentlich. Auch wenn es fürs erste erst einmal noch durch die Clubs geht.

Trackliste

  1. 1. Katapult
  2. 2. EPK
  3. 3. A New Profile
  4. 4. Score
  5. 5. The Gift
  6. 6. Hydrophobia

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1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    interessant. ich war ein großer fan vom ersten IRA album, vor allem die deutschen spoken word parts waren voll poetischer schönheit. dazu hat es noch den erdboden erzittern lassen mit den gewaltigen riffs und den genialen melodien.
    das zweite album habe ich dann blind gekauft und war äußerst enttäuscht: so ziemlich alle härte war weg, kein spoken word, ein wenig wie ruhigere dredg für arme. laut fand es jedoch besser.
    naja, werd diesem release mal eine chance geben.