laut.de-Kritik

Die Punk-Legende liefert eine der besten Leistungen ihrer Karriere ab.

Review von

Joey Cape, Frontspaßvogel bei den Skatepunk-Veteranen Lagwagon, hatte es im Vorfeld angekündigt: Dieses Album wird anders klingen. Nun sind solche Aussagen bei Musikern bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich bleibt die Kirche auch dieses Mal im Dorf, Lagwagon klingen weiterhin wie Lagwagon - allerdings wie die Lagwagon der späteren Phase rund um "Blaze" und "Resolve". Mit Hitfeuerwerken der Marke "Hoss" oder "Let's Talk About Feelings" hatten aber sowieso nur glühende Optimisten gerechnet.

Besagtes "Resolve", das letzte vollständige Album der Kalifornier, erschien 2005. Zwischendurch sah noch die EP "I Think My Older Brother Used To Listen To Lagwagon" das Licht der Welt, das wars. Satte neun Jahre sind nicht nur im Punkrock eine kleine Ewigkeit, umso erfreuter die Reaktion der Fans, als die Band aus Santa Barbara die Funkstille überraschend beendete.

"Burden Of Proof" eröffnet das Album mit ruhigen Akustikgitarren und einer melancholischen Atmosphäre, die über die komplette Länge der Platte nicht weicht. Spätestens bei "Reign" und "Made Of Broken Parts" verstummen die Zweifler: keine Frage, das sind Lagwagon, wie sie leiben und leben. Im Gegensatz zu "Resolve", das dem Thema geschuldet auf eingängige Refrains verzichtete, haben Cape und seine Burschen nun wieder etliche mitsingkompatible Passagen im Gepäck.

Neben klaren Hits wie "The Cog In The Machine" enthüllt der Fünfer aber auch eine andere, experimentellere Seite: "Obsolete Absolute" fällt nicht nur aufgrund seiner sechs Minuten Spielzeit aus dem Rahmen. Lagwagon kombinieren in diesem Stück etliche Teile mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Stimmungen. Am Ende steht ein famoser, außergewöhnlicher Song.

Die melancholische Färbung der Platte kommt besonders gut auf "Burning In Style" und "You Know Me" zum Tragen. Anteil daran haben wie immer Capes Texte. 2005 musste der Sänger bereits den Tod seines Freundes und Ex-Lagwagon-Schlagzeugers Derrick Plourde verkraften und schrieb ein komplettes Konzeptalbum zu diesem Thema ("Resolve"). 2014 stehen ein Lied lang wieder Verlust und Tod im Mittelpunkt. "One More Song" dreht sich um den verstorbenen Tony Sly, Sänger und Gitarrist von No Use For A Name. Leider gerät der Anfang derart käsig, dass einem die bunten Haare schlagartig grau werden. Zum Glück ändert der Song einige Schrecksekunden später die Richtung und findet in die Spur zurück. Es bleibt die einzige Irritation.

"Hang" zeigt eine reife Punkrockband, die sich und anderen nichts vormachen möchte. Lagwagon wissen genau, wo sie 2014 stehen und liefern eine der besten Leistungen ihrer Karriere ab. Wir lernen: Es liegt im Bereich des Möglichen, auch in einer jugendfixierten Musikrichtung in Würde zu altern.

Trackliste

  1. 1. Burden Of Proof
  2. 2. Reign
  3. 3. Made Of Broken Parts
  4. 4. The Cog In The Machine
  5. 5. Poison In The Well
  6. 6. Obsolete Absolute
  7. 7. Western Settlements
  8. 8. Burning Out In Style
  9. 9. One More Song
  10. 10. Drag
  11. 11. You Know Me
  12. 12. In Your Wake

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4 Kommentare mit 14 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Wow, hätte ich ja nicht gedacht, dass Lagwagon noch mal so abliefert, wenn ich der Review glauben schenken darf - wozu ich geneigt bin. Up de Liste drupp!

  • Vor 10 Jahren

    Dass es eine der bestne Kariere Leistungen ist unterschreib ich blind, extrem starke Platte. Allerdings auch deshalb weil es eben nicht Lagwagon durch und durch sind sondern ungewöhnlich starke Metaleinflüsse (Made from broken Parts, The Cog in the machine, das Highlight Obsolete Absolute) und vor allem die düstere Grundstimmung dominieren. Steht den Herren aber gut zu Gesicht, quasi in Würde altern statt mit Ende vierzig immer noch die Spaßpunks von Trashed raushängen zu lassen. Und wer klassische Lagwagon Nummern will hat ja noch Songs wie Reign oder Burning Out in Style

  • Vor 10 Jahren

    Lagwagon = Punk-Legende :D :D :D

    Dass trifft ja dann wohl eher auf die Ramones, Dead Kennedys oder Bad Religion zu (um es mal auf die USA einzuschränken und letzt genannte für Skate-Punk)...

    • Vor 10 Jahren

      Och grad was Skate Punk angeht zählen Lagwagon schon zu den Referenzbands (Hoss ist eins DER Standardalben für Skatepunk). Klar, aus dem Dead Kennedys Blickwinkel scheint es seltsam Lagwagon als Legende zu bezeichnen, aber die DK haben ne grundsätzlich andere Spielart und Interpretation von Punkrock (was nicht abwertend gemeint ist)

    • Vor 10 Jahren

      Schon richtig, ist aber da nicht Bad Religion stilprägend für den Bereich Skatepunk?

    • Vor 10 Jahren

      @raoulduke

      stilprägend würde ich jetzt nicht sagen.waren eher so melodycore oder melodypunk, wie manns nimmt.aber das überlappt sich auch alles ziemlich kräftig.
      bei skatepunk denke ich zumindest immer zuerst an venera, obwohl die erst anfang der 90er in erscheinung traten, oder natürlich die tendencies, wobei die halt ne mischung von im prinzip alles waren, was damals so ging.
      oder eben die deutschen spermbirds und disaster area, wobei ich net glaub, dass man die in übersee groß kennt.

    • Vor 10 Jahren

      Seit wann werden den solche Thröne in der Musik allein besetzt? Beispiel: Beatles und die Stones beide stilprägend für den Beat. Das beide unterschiedliche Wege dann gingen, liegt in der Natur der Sache.

    • Vor 10 Jahren

      Dead Kennedys und Lagwagon würde ich nicht in die selbe Schublade und auch nicht in die selbe Zeit einordnen.

      Finde beide stilprägend und als Referenzband völlig ok.

    • Vor 10 Jahren

      @derHerrvonWelt

      dachte immer Bad Religion gehört zu den Skate-Punks... beziehungsweise fand, Lagwagon klangen stark nach Bad Religion... Aber ich muss zugeben, dass ich mit Lagwagon nie wirklich warm wurde und bei Punk-Legende direkt Probleme mit der Magensäure bekam... :D

    • Vor 10 Jahren

      Bad Religion ist meiner Meinung nach DIE Blaupause für Saktepunk und Legende. Lagwagon ist eine Liga mit Pennywise, Millencolin und Co. Evtl. nicht unbedingt Legende, aber absolute Referenzband.

    • Vor 10 Jahren

      @
      raoulduke

      bad religion haben halt net so die üblichen skaterthemen beackert, waren eher son bissi politisch oder gesellschaftskritisch unterwegs.
      vom sound her passt es aber natürlich.

      aja, kennt eigentlich noch jmd mcrad,die band um pro-skater chuck treece? waren auch geil.

    • Vor 10 Jahren

      McRad, Allah.. die haben doch zu Public Domain damals diesen Evergreen beigesteuert der bis heute auf JEDEM Contest läuft..

      My Weakness:
      http://www.youtube.com/watch?v=FymG6nX4Oxs

    • Vor 10 Jahren

      hab mir fast gedacht, dass du die kennst ^^

    • Vor 10 Jahren

      ;) Ich Idiot habe doch tatsächlich meine Skatevideo-Originale (über 100) als Bundle bei ebay vertickt: 78 Euro.. Ganz miese Nummer. Aber gibt es ja fast alle auf youtube heutzutage.

    • Vor 10 Jahren

      Naja, immerhin bekomm ich jetzt dank Lagwagon nachfolgendes nicht mehr aus den Lauschern:

      https://www.youtube.com/watch?v=gEl1xSPyOwA

    • Vor 10 Jahren

      Und natürlich die Visage von Dan Blocker verfolgt mich... :D

  • Vor 9 Jahren

    2014 war definitiv kein gutes Jahr für Musik. Dieses Album gehört meiner Meinung zu den besten des letzten Jahres. Auch was Lagwagon überhaupt angeht, gehört es zu den besseren. Sie sind nie dem Mainstream zu nahe gekommen. Das ist schon mal der Unterschied zwischen Lagwagon und Green Day.