laut.de-Kritik

Ein erschreckend fußlahmer Schatten ihrer selbst.

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"The Sound Of Music" bezeichnet im Original das berühmte Broadway-Musical von Rogers/Hammerstein aus dem Jahr 1959. Es beruht auf dem Lebenslauf Maria Augusta von Trapps und verkörpert eine deutliche Absage an Faschismus/Totalitarismus. Bereits in ihrem legendären Pjöngjang-Konzert interpretierten Laibach Auszüge in Richtung Kim Jong Un. Nun nehmen sie sich des Stoffes komplett an.

Die Wahl scheint konsequent. Damals auf der Bühne funktionierte es in doppelter Hinsicht. Einerseits konnte man die Verwendung aus dem Zusammenhang als gereckten Mittelfinger gen Kims Horrorladen begreifen. Andererseits ging man kein Risiko ein, weil die Story der Trapp-Familie sich besonders in Form des 1965er Hollywoodfilms im Lande großer Beliebtheit erfreut.

Also schnappen die slowenischen Skandalnudeln sich Boris Benko von Silence und als Sängerin Marina Mårtensson. Gemeinsam interpretieren und wandeln sie den Stoff dergestalt, dass etwa der Charakter Marias sinnbildlich für Korea steht. Durch ihre Bearbeitung des koreanischen Volksliedes "Arirang" unterstreichen sie die eindeutige Zielrichtung subtil.

Dabei verwenden sie echte Aufnahmen des Schulorchesters der Kum Song Music School in Pjöngjang, auf denen die Jugendlichen das Gayageum spielen; ein dort verbreitetes Saiteninstrument. Als Sahnehäubchen fungieren Sound-Schnipsel der Willkommens-Rede an Laibach bei ihrer damaligen Einreise.

So souverän und detailliert Laibachs Konzept wirken mag: Es bleibt ein schaler Beigeschmack. Ausgerechnet jene, deren Ruf auf dem Credo fußt, sich niemals zu wiederholen, gießen dieselbe Pointe zum zweiten mal auf. Nach dem bärenstarken "Also Sprach Zarathustra" ziehen sie sich ohne Not des Kims neue Kleider an und erzählen den drei Jahre alten Witz zum zweiten Mal. Es folgt ein Desaster.

Entsprechend lauwarm wirkt die Interpretation. Schon der Einstieg plätschert als Kunstmusik wenig spannend vor sich hin, bevor Milan Fras eine Routine-Vorstellung auspackt, die ungefähr so inspiriert klingt als habe er das Album zwischen Zähneputzen und Schaftstiefel Schnüren eingesprochen.

Mit fast greifbarer Unentschlossenheit verlieren sich die Songs im Niemandsland zwischen halbherziger Reproduktion und angedeuteter Dekonstruktion der Originale. "Do-Re-Mi" bringt den Absturz auf den Punkt: Halb opulente Vorstellung, halb minimale Elektro-Nummer verliert die Interpretation jegliche Subversivität des Konzertabends. Gleichzeitig gerät die Deutung zu belanglos, um als Entertainment zu überzeugen.

Entsprechendes gilt für "Edelweiß" oder die zahnlose Seichtheit der "Favourite Things"-Variante. Selbst mit größten Willen zu Ironie lässt sich die samt Kinderchor gen Weihnachtslied strebende lausige Flachheit kaum ertragen. Als Krönung des Grauens schieben sie "Lonely Goatherd" in einen Haufen aus Kitsch und billiger Clubmusik und verderben "The Sound Of Gayageum" durch ein schauderöses K-Pop-Imitat. Schlussendlich bieten Laibach nicht eine einzige auch nur halbwegs brauchbare Nummer und präsentieren sich mit diesem gut gemeinten Projekt als erschreckend fußlahmer Schatten ihrer selbst.

Trackliste

  1. 1. The Sound of Music
  2. 2. Climb Ev'ry Mountain
  3. 3. Do-Re-Mi
  4. 4. Edelweiss
  5. 5. Favorite Things
  6. 6. Lonely Goatherd
  7. 7. Sixteen Going On Seventeen
  8. 8. So Long, Farewell
  9. 9. Maria / Korea
  10. 10. Arirang
  11. 11. The Sound of Gayageum
  12. 12. Welcome Speech The Sound

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2 Kommentare

  • Vor 6 Jahren

    Laibach hörender Dunkelheimer :kiss:

  • Vor 2 Jahren

    Wenn man die dazugehörige Liveshow gesehen hat, versteht man das Album besser. Der fehlende Kontext sorgt sicher dafür, dass die reine Musik nicht so packend ist, wie es gedacht war. Anders kann ich mir den einen Stern nicht erklären. Leider ist das Thema, dem sich Laibach gewidmet haben zeitlos. Zu empfehlen auch die Doku über das Konzert in Nordkorea. Großartiges Album mit einigen Höhepunkten, die ich gerne in meiner Playlist von 2018 neben Muse, Thom Yorke, Sparks, Heilung, Dead Can Dance, Get Well Soon, ABAY, Franz Ferdinand und den Editors hören kann. Genau mein Ding.