laut.de-Kritik
Originalfassung ohne Streicher und Chöre.
Review von Alexander CordasPhil Spector ist böse! Das weiß mittlerweile jeder Beatles-Fan von Alaska bis Feuerland und einmal um die Welt von Shanghai bis Los Angeles. Der üble Schurke aber auch! Sein Verbrechen? Im Auftrag veredelte er seinerzeit die Songs der Beatles vom Album "Let It Be". Fügte ein paar Streicher ein und ließ Chöre anstimmen.
Da mag zwar das eine oder andere Pfund Schmalz zu viel abgefallen sein, aber bitteschön, wen schert's? Sicher nicht all die Menschen, die sich in melancholischer Stimmung zu "Let It Be" die Augen aus den Höhlen geflennt haben. So what?
Ne ne, das waren nicht die Beatles, wie sie sich damals selbst gesehen haben, heißt es. Gut, dann packen wir eben die Masterbänder nochmals aus, streichen Spectors Beitrag, peppen den Sound ordentlich auf, schmeißen "Dig It" und "Maggie Mae" für "Don't Let Me Down" raus und fertig ist "Let It Be ... Naked".
Die Entscheidung, Lennons "Don't Let Me Down", das ursprünglich nur für die B-Seite von "Get Back" vorgesehen war, auf das Album zu packen, ist jedenfalls absolut richtig. Denn als Anhängsel eines anderen Liedes ist dieser Song geradezu verschenkt.
Wie die Musik hörens-, so ist das Booklet sehenswert, das mit einigen Fotos von den damaligen Sessions aufwarten kann. Der Einleitungstext von Kevin Howlett ermöglicht Einblicke in die Umstände der Aufnahme-Sessions.
So grandios umwälzend ist das Ergebnis dann aber doch nicht. Auch ohne Streicher sind The Beatles keine echte 'The'-Band. Teilweise schmecken die abgespeckten Songs sogar etwas fad; "Let It Be" z.B. macht in dieser Fassung nur noch mal deutlich, wie viel Spectors Instrumentierung zu Spannungsaufbau und dramatischer Wirkung beitrug. So ist "Let It Be ... Naked" eher was für die Puristen unter den Beatles-Liebhabern.
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