laut.de-Kritik

Dieses Boot treibt gerade irgendwo in den Kalmen.

Review von

In vielerlei Hinsicht ist Lil Yachty der perfekte Repräsentant dessen, was der neuen Generation an Soundcloud-Rappern immer wieder vorgeworfen wird: Ein technisch limitierter Rapper, der seine Ideen und sein Songwriting zumeist aufs Minimum reduziert und in Songs vor allem mit Charakter und Originalität überzeugt. 2016 verhalft ihm diese Herangehensweise zu einem der unterhaltsamsten, eingängigsten und einflussreicheren Mixtapes der vergangenen Jahre. Zwei Jahre später nach "Lil Boat" zeigt "Nuthin' 2 Prove", was davon übrig bleibt, wenn diese Stärken nicht mehr durchschlagen. Nicht besonders viel, nämlich.

Das neue Mixtape ist bereits sein zweites in diesem Jahr und sogar noch generischer als "Lil Boat 2" aus dem Frühjahr. Über 15 Songs entsteht ein Brachland an Ideen oder an denkwürdigen Momenten. Yachty scheint der festen Überzeugung zu sein, nun mit Rapskills und Flows überzeugen zu müssen. Nicht, dass er nicht inzwischen halbwegs passabel rappen könnte, aber im Laufe des Tapes kompensiert auch ein etwas schnellerer Triplet-Flow auf Songs wie "Riley From The Boondocks" oder etwas dichtere Pattern auf "Nolia" nicht, wie langweilig dieses Tape klingt.

Es ist eben so, dass seine limitierten Fähigkeiten eine gute Songidee bislang zumeist nicht verdarb. Sein Rapskill allein reicht aber allein nicht, um einen Song ohne markante Idee oder Produktion zu tragen. Dafür klingt das alles zu sanft, zu halbgar und zu amateurhaft.

Wenn es im Titel heißt, Yachty hätte nichts zu beweisen, meint er es wohl so. Von der hyperaktiven Sympathie, den überdrehten und quirligen Beats und den durchgedrehten Vocals und abgefahren Refrain-Ideen echot nur noch das ein oder andere ausgefallene Adlib durch diese Skelette von Songs. Auf Nummern wie "Gimmie My Respect" oder "I'm The Mac" klingt er aktiv gelangweilt – und tut es damit dem Hörer gleich.

Die eine Sache, die ihm wohl auch der eingefleischteste Hater zu Beginn der Karriere nicht vorgeworfen hätte: Langweilig sein. Berechenbare Verses auf berechenbare Trapbeats. Es ist schon ein bisschen frustrierend, dass er in Sachen Präsenz für Highlights auf dem Projekt durchgehend auf Features angewiesen ist.

Seine Synergie mit Juice WRLD auf "Yacht Club" geht locker als einer der unterhaltsamsten Momente durch und dank schönem, halligen Beat kapert Playboi Carti "Get Dripped" komplett und liefert den mit Abstand brauchbarsten Song der Platte ab, der leider Gottes ohne Yachty kein Stück schlechter wäre. Trippie Redd, Lil Baby, Gunna und Cardi B stehlen Yachti auf ihren Songs auch auf Sparflamme problemlos die Show. Selbst Berufslangweiler wie Young Nudy und Kevin Gates fühlen sich wie ein frischer Wind an.

Das ist eben das Risiko, eine Karriere nur auf Persönlichkeit aufzubauen. Wenn Yachty keinen Hunger, keine Ideen und nichts zu beweisen hat, schaltet er in den Autopilot. Aber so handwerklich limitiert seine Vocals eben sind, ist der Autopilot hier eher ein Fred-Feuerstein-Antrieb. "Nuthin' 2 Prove" zeigt einen Rapper, der offensichtlich kaum einen zweiten Gedanken in irgendeine Phase dieses Projekts investiert hat. Die Hooks, die Parts, die Produktion, das alles ist ein belangloser Flickenteppich aus feuerlosen Schnellschüssen ohne kohärente ästhetische Vision. In dieser Form täte Yachty sich selbst einen Gefallen, statt diesem mittelmäßigen Filler einfach gar nichts zu veröffentlichen, denn dieses Projekt ist nicht nur Stagnation, es ist aktiver Rückschritt.

Trackliste

  1. 1. Gimmie My Respect
  2. 2. Get Dripped (feat. Playboi Carti)
  3. 3. Riley From The Boondocks
  4. 4. I'm The Mac
  5. 5. Yacht Club (feat. Juice WRLD)
  6. 6. SaintLaurentYSL (feat. Lil Baby)
  7. 7. We Outta Here! (feat. Young Nudy)
  8. 8. Who Want The Smoke? (feat. Cardi B & Offset)
  9. 9. Worth It
  10. 10. Everything Good, Everything Right
  11. 11. Next Up
  12. 12. Forever World (feat. Trippie Redd)
  13. 13. Nolia (feat. Kevin Gates)
  14. 14. Fallin' In Luv (feat. Gunna)
  15. 15. Stoney

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