laut.de-Kritik
Ihr wollt Krieg? Ihr kriegt Krieg!
Review von Dani Fromm"Definitiv ein Hardcore-Rap-Ding", verspricht der Atzenkeeper höchstselbst. "Kein Elektro, kein Pop-Scheiß. Eigentlich genau das, was sich momentan überhaupt nicht verkauft." Warum eigentlich nicht?
Klar, zwischen Selbstmitleid und Gewalttätigkeit pendelnder trübsinniger Straßenrap war noch nie jedermanns Sache - und wird es hoffentlich auch nicht werden, wie öde wäre das? Trotzdem steht Bogys "Oldtimer" weit edler glänzend da, als man das in der Gosse der Gassen von Abschaum City erwartet hätte.
"Scheiß auf Techno-Beats, ich geh' nicht mit dem Trend": "Mach Keine Faxen" drischt in die Kerbe, die bereits das "Intro" schlug: "Oldschoolshit" wird da angekündigt, "Wir nehmen dich mit, Homie."
Keine hohle Nuss: Bogy cruist auf düsteren Straßen von Meilenstein zu Meilenstein. LL Cool Js "Mama Said Knock You Out" verwurstet er ("Wir Gehen Auf Jeden Rauf"), ebenso Dr. Dres "Nuthin' But A G Thang" - dass bei diesem "Oldschooltrip" statt Snoop Deso Dogg zu Werke geht: trotz dessen um Welten geringerer Smoothness fast schon egal.
Immer ein Fest, Nina Simones unglaublich schwermütigem "Don't Let Me Be Misunderstood" zu begegnen - so auch in "Echt Geblieben". Neben derlei Funk- und Soul-geschwängertem, traditionsreichen Material kredenzt Bogy allerlei verblüffend amüsante Verschrobenheiten.
Das Thema aus "Magnum" trägt "Mach Keine Faxen" - das geht ja noch. Mit der Heart-Schnulze "What About Love", die Briefe und Gebete an die jeweilige Frau "Mama" ziert, hätte ich jedoch wohl eben so wenig gerechnet wie mit der Münchener Freiheit auf Speed, die der Kiffer-Kollabo "H.I.G.H.MAT" mit King Orgasmus One und B-Tight die Krone aufsetzt. "Ich brauch' dich, Baby. Ich rauch' dich, Baby."
Bogy selbst erschien mir selten ähnlich flüssig - auch wenn sein Vortrag nicht der aller-variantenreichste ist. Gleiches gilt - selbstredend - für die Thematik: Noch immer werden Knarren im Dutzend geschwungen, "Blut, Schweiß Und Tränen" literweise vergossen, Drogen pfundweise verdealt, und die heilige Ehre mit Leib und Leben verteidigt.
"Ein Messer in die Kehle ist der Style, den ich wähle", Ladies and Gentlemen, Fotzen und Atzen. "Ihr wollt Krieg? Ihr kriegt Krieg!" (Grandios übrigens.) "Dies ist Kriegsmusik, wir machen für den Krieg Musik." Weder Ende noch Erbarmen in Sicht: "Nach dem Sieg ist vor dem Krieg, und es geht immer so weiter." Auf Dauer langweilt das.
Dennoch, bei allem martialischem "This! Is!! Sparta!!!"-Gehabe, Verzeihung, "Berlin!!!" versteht sich ... Eins kann man Bogy wirklich nicht absprechen: "Nenn' es ruhig Fiktion, doch wir leben jeden Vers."
Vermutlich war das nicht Bogys Intention, doch stellenweise wecken seine plastischen Schilderungen der herrschenden Ausweglosigkeit sogar Mitgefühl. Die Gier nach Geld wurde als "Wurzel Des Bösen" zwar ausgemacht. An Flucht aus der Tretmühle ist trotzdem nicht zu denken. Es fehlen alternative Vorbilder, anders gewichtete Lebensentwürfe, schlicht: Ideen - vielleicht auch der Mut für einen Ausbruch aus den Klischees.
Solange das so bleibt, warten "Wunden, tief wie Krater" wohl recht vergeblich auf Heilung, "fast jede Mutter hat Kummer in Abschaumcity-Babylon." Die Opfer der Umstände: zahlreich. Das gezeichnete Bild: ein trauriges.
Dem zum Trotz bleibt "Der Oldtimer" erfreulich hörbar. Die konstant zelebrierte Oldschool-Attitüde trägt dazu ebenso bei wie DJ Werds astreine Scratches und überhaupt die stimmige Zusammenstellung. Übrigens: Hätte sich die Schlange im Paradies einst des Sprechgesangs bedient, sie hätte zweifellos die Stimme des Horrorkore-Monsters Basstard dafür gewählt.
3 Kommentare
Nette Review
Bogy selbst erschien mir selten ähnlich flüssig - auch wen sein Vortrag nicht der aller-variantenreichste ist.
Ich glaub da hat sich ein Rechtschreibfehler eingeschlichen +g+
oh. ich verleihe dir für den hinweis den titel "olsen des tages". danke.
Junge sieht Bogy fertig aus:
http://backspin-media.de/2013/11/08/mc-bog…