laut.de-Kritik

Seifenblasen- statt Bubblepop.

Review von

Glaubt man an Wiedergeburt, so wird Regina Spektor im nächsten Leben als Seifenblase zur Welt kommen. Wird über Blumenwiesen schweben, über Menschenmassen in Großstädten hinwegfliegen, mit Leichtigkeit Händen entkommen, die versuchen, sie zu zerklatschen, und schließlich ganz unaufgeregt im Himmel zerplatzen. So klingt Regina Spektor.

Erneut konfrontiert uns die junge Amerikanerin mit einer musikalischen Leichtigkeit, die nicht zu schwer im Magen liegt und trotzdem nicht kitschig wirkt. Wie schon bei ihren beiden Alben "Soviet Kitsch" und "Begin To Hope" zuvor spielt bei "Far" das Klavier eine zentrale Rolle. Schmalzige Balladen sucht man auf dem Album jedoch vergebens: Spektor setzt das Tasteninstrument gekonnt unpathetisch ein, stupst es im Stakkato an, setzt mit den Drums poppige Akzente.

Die Texte sind neuerdings etwas distanziert, lassen nicht gleich erkennen, worauf die Künstlerin hinaus will. So singt sie zum Beispiel "No one laughs at God / When the doctor calls after some routine tests / No one's laughing at God / When it's gotten real late". Das Piano umstreichelt dabei ihre kindliche Stimme sanft. Bei "Human Of The Year" offenbart sich Spektors ganze gesangliche Bandbreite, wenn sie fast ins Piepsige driftet. Es sind genau diese Parts, welche die Musik so unbeschwert erklingen lassen: Sie scheut sich nicht, mit ihrer Stimme zu spielen, ihr genauso Tiefe zu geben wie ihr die Luft zu entziehen, bis nur noch ein Hauchen übrig bleibt.

Laut der Sängerin unterscheidet sich "Far" von den Vorgängeralben frappierend - dem muss man widersprechen. Vielleicht mag die aktuelle Scheibe ein wenig aufwändiger produziert sein. Ganze vier (!) Produzenten hatten ihre Hände im Spiel. Mike Elizondo (Dr. Dre, Eminem), Jeff Lynne (ELO, Traveling Wilburys), Garret "Jackknife" Lee (R.E.M., Weezer) und David Kahne (Paul McCartney, The Strokes) holte Spektor ins Boot. Trotzdem: Man könnte die Stücke aus ihren letzten drei Alben problemlos zu einem Werk zusammenfügen, es würde nicht auffallen.

Schlecht ist das nicht. Man muss sich ja nicht immer neu erfinden, wie es zum Beispiel ihre Songwriter-Kollegin Anna Ternheim tut. Spektor bleibt ihrer Seifenblasenmusik treu, bleibt süß und eben charmant. Gerne darf sie auch noch ein bisschen weiter in die Ohren schweben. Zerklatschen will man sie auf jeden Fall nicht.

Trackliste

  1. 1. The Calculation
  2. 2. Eet
  3. 3. Blue Lips
  4. 4. Folding Chair
  5. 5. Machine
  6. 6. Laughing With
  7. 7. Human Of The Year
  8. 8. Two Birds
  9. 9. Dance Anthem Of The 80's
  10. 10. Genius Next Door
  11. 11. Wallet
  12. 12. One More Time With Feeling
  13. 13. Man Of A Thousand Faces

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