laut.de-Kritik
Vom Trap-Clown zum Label-Zugpferd: Aus Chigga wird Brian.
Review von Yannik GölzRich Chigga ist Geschichte. Nach mehreren Hinweisen auf die anstößige Natur der Sache, sich als minderjähriger Asiate nach einer Persiflage auf einen der heikelsten Begriffe der amerikanischen Geschichte zu benennen, verwendet Rich Chigga nun seinen bürgerlichen Namen: Brian. Also, Rich Brian, aber immerhin: ein kleiner Schritt des Nachgebens von einem der Rapper, die eigentlich als komplettes Meme in die Szene gestartet sind.
"Amen" jedoch bleibt weit entfernt von "Dat $tick" und dem obskuren dürren Jungen mit der Brusttasche. Rich Brian will sich nun als ernstzunehmender Rapper etablieren und sichert sich mit seinem Debütalbum einen Etappensieg: Ohne seinen quirligen, sympathischen Charakter zurückzulassen, zeichnen sich auf seiner ersten Platte einige interessante musikalische Ideen und ein gefestigter Micskill ab, der sich in der zeitgenössischen Raplandschaft durchaus sehen lassen kann.
Natürlich gerät das Projekt nicht ohne Makel. Die tiefe, sonore Stimme wirkt gerade in den oftmals gleichförmigen Verses auf Dauer etwas monoton, die letzten Funken Raffinesse gehen Brians zumeist selbst produzierten Beats noch ab. Trotzdem entwickelt "Amen" das bisherige Erfolgsmodell des Rappers sinnvoll weiter. Der Kontrast zwischen psychedelischen, aber fröhlichen, warmen Samples und bleischweren Trap-Bässen sorgt immer wieder für einen Spaßfaktor, der sehr an das "Lil Boat"-Mixtape von Lil Yachty erinnert. (Das gilt bald als Klassiker, ich schwöre!)
"Glow Like Dat", "Little Prince" oder ganz besonders "Introvert" mit 88rising-Kollege Joji sind unaufdringlich poppig und tragen auf eine ansprechende Art und Weise die emotionale Natur von Teenie-Filmen in sich, ohne sich zu exzessiv in Melodrama zu suhlen. Rich Brian hat die angenehme Eigenschaft, sich selbst nie zu wichtig zu nehmen. Nicht, weil er sich besonders ironisch oder humorvoll gibt: Im Verlauf von "Amen" reiht er seinen eigenen Weltschmerz auch auf introspektiven Tracks lediglich nie an der Speerspitze der menschlichen Dringlichkeit ein.
Kurz gesagt: Er ist ein sympathischer Dude, dieser Brian, der seinen Vorbildern (von den OGs bis zu den Migos) warmherzigen Respekt zollt, sich musikalisch (wie auf Opener "Amen" oder auf Schlusstrack "Arizona") auch mal mit Beatswitches austobt, und über die Spieldauer der Platte eine ganze Menge interessanter Momente schafft. Die eindringlichen Sirenen-Samples auf "Chaos" etwa, zuckersüße Gastvocals auf "Little Prince" oder die melancholische Gelassenheit von "See Me".
Trotzdem stößt man bei den vierzehn Tracks auch auf so einige Filler. Offset-Feature "Attention", "Occupied" oder "Tresspass" sind unnötiges Fett, schwülstige und monotone Trap-Beats, die auch ein unenthusiastisch aufgelegter Brian nicht in interessanteres Terrain hievt. Der Versuch, die Geschichte seines ersten Mals auf "Kitty" mit semi-ironischem Unterton nachzuerzählen, gerät dank holprigem Beat und teilweise eigenartiger Formulierungen etwas zu clumsy, um wirklich zu überzeugen. Außerdem hat der abschließende Twist hier (eine Konfrontation mit dem Bruder seiner Geliebten) eine seltsam objektivierende Konnotation, die den Track nicht allzu glücklich abschließt.
Insgesamt überwiegen trotzdem die positiven Eindrücke. "Amen" schafft den Sprung in die Ernsthaftigkeit und bringt Brian nicht nur die Ehre ein, als erster asiatischstämmiger Rapper an der Spitze der Billboard-Hip Hop-Charts zu stehen, sondern hinterlegt auch ein grundsolides Projekt. Ein etwas ernsteres, weniger hysterisches "Lil Boat", das wäre der naheliegendste Vergleich. Bei näherem Hinsehen lässt sich das Album doch ganz logisch in die aktuelle Welle von 88rising-Musikern einfügen. Für alle Freunde von etwas poppigerem Trap also definitiv einen Hördurchgang wert. Trotz mancher Ecken und Kanten macht Brian hier mit Charisma und Anstrengung Einiges richtig.
3 Kommentare mit 4 Antworten
zeigt das Cover Kim Jong-Un oder den "Künstler"?
kim jong-un
Sung Kang
Wegen needledrop reingehört. Ziemlich naise platte. Schön monotoner flow, beats die spass machen und überraschen. Hebt sich leicht ab vom rest.
Favorit: tresspass
*nice… Englisch 3-4. Schuljahr
*naise... Internet 2-3. Tag
Die Namensänderung war der größte - allerdings bisher wohl auch einzige nennenswerte - Fehler seiner Karriere. Die Musik spiegelt diesen Verfall leider ebenfalls wieder. Schlecht ist anders, aber 3/5 für ein Rich Chigga Album, nach all dem Hype und dem 88Rising Support... ich meine, der Typ hatte nichtmal ein Album gedroppt und wurde vom Rolling Stone bereits zu einem der 10 einflussreichsten jungen Personen 2017 (keinen Bock die genaue Bezeichnung jetzt zu googlen am Tablet) ernannt.
Ein paar der Songs sind durchaus solide bis gut, aber eine EP mit weniger anbiederndem Marketing hätte imho besser getan.