laut.de-Kritik
Die Schlagergewerbeaufsicht erlaubt maximal fünf Metaphern.
Review von Dani Fromm"Manchmal muss man mit offenem Herzen der Wahrheit in die Augen sehen", verlangt Roland Kaiser. "Mit offenem Herzen", das deutet es schon an: Die Wahrheit, die einem da entgegen glotzt, ist eine schmerzhafte.
Man kann einen Interpreten für sein Auftreten, seinen Mut und seine Haltung noch so schätzen. Alle Sympathie der Welt täuscht aber doch nicht unbegrenzt lange darüber hinweg: Deutscher Schlager ist musikalisch wie textlich ein Trauerspiel. Dass die der Kaiser-Mania erlegene Klientel genau das erwartet, das "Alles Oder Dich" (wieder) bietet, macht es noch schlimmer. Wie niedrig kann man seine Ansprüche an Musik hängen?
Dieses neue (!) Album birgt wieder einmal rein gar nichts Neues. Von den zwei, drei Balladen, einem Duett (mit Barbara Schöneberger statt Maite Kelly, diesmal) und dem wahrhaftig schauerlichen Billig-Synthie-Overkill "Unwiderstehlich", den Dieter Bohlen auch nicht liebloser zusammengeschmissen bekommen hätte, klingt ein Stück wie das andere: als hätten die vielen beteiligten Köche ihren Brei aus "Love Changes Everything" und "Midnight Lady" zusammen-ge-frankensteinert.
Schlagzeug, Gitarre, Bass formieren sich in der denkbar zopfigsten Weise zu sachte angerocktem Radio-Pop, von dem sich unmöglich sagen ließe, ob er aus den 80ern, 90ern oder doch dem Austausch-Dudelprogramm von heute stammt. "Zeitlos" könnte man das wohlwollend nennen, oder halt doch, wie es ist: "bocklangweilig". Im Hintergrund wimmert leise die E-Gitarre.
Dass Roland Kaiser, was sicher auch in Zusammenhang mit seiner Krankheitsgeschichte steht, nicht der Sänger mit allerbeeindruckendstem Stimmvolumen und -umfang ist, sollte in den langsameren Nummern theoretisch eigentlich stärker stören. In der Praxis ist tatsächlich aber genau das Gegenteil der Fall: Sie stehen ihm schlicht besser.
Der Titeltrack, eine dunkle Klavierballade, die trotz des Streicherteppichs nicht überfrachtet wirkt, lässt dem Gesang Raum zum Atmen. Ähnliche, wenn auch nicht unbedingt geniale Gefühle wecken das ruhige, trotz seiner Traurigkeit warme, irgendwie anheimelnde "10 Millionen Kerzen" oder der Schlusspunkt "Spätsommerwind". "Hab' viel erlebt", reflektiert Roland Kaiser da sein Alter und die eigene Vergänglichkeit und kommt zu dem Schluss: "Will noch was wagen."
Ja, schön wärs! Statt dessen reiht er - respektive seine Zuarbeiter - eine ausgelutschte Phrase an die nächste. Schau nach vorne (nicht etwa zurück!). Tanz' im Regen wie weiland Gene Kelly. Flieg' hoch und fühl' dich groß, mindestens wie Mark Forster, und Feuerwerk gibts natürlich auch dazu. "Unter Sternenfeuer rauschen wir ins Morgenrot." Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, es existierten nur maximal fünf von der Schlagergewerbeaufsicht zugelassene Metaphern.
Einzig "Niemand" gestattet sich textlich etwas Ähnliches wie einen doppelten Boden. Bloß singt da halt auch die Schöneberger. Die leise Hoffnung, die "Der Mann Den Du Verdienst" weckte - dass statt des üblichen willenlosen Weibchens zur Abwechslung starke, selbständige Frauenfiguren angebetet werden könnten, nämlich - stolpert spätestens in "Kurios" wieder champagnerbeschwippst ins nächste Dekolletee. Schade.
Es kommt aber bestimmt wieder eine Kaiser-Mania-Edition. Live dargeboten und im Bild festgehalten rettet Roland Kaiser mit seinem Charme bestimmt auch dieses Album irgendwie. Bis dahin gilt leider: "Kein Grund zu bleiben ist der beste Grund zu gehen." Habe die Ehre.
5 Kommentare mit 9 Antworten
...mmhhh... Loona(K-Pop), jetzt Roland Kaiser....
glaub, ich bin im falschen Film gelandet...
als nächstes jetzt aber mal bitte einen Meilenstein
für diese Schlager- und Micky Maus-"Musik".
https://www.laut.de/Roland-Kaiser/Alben
In der Liste fehlt aber ein Meilenstein.
ceee3 hat Recht..... !
Kein Flow, keine guten Dreifachreime, kein Doubletime.
Wird es schwer im VBT haben
dafür liegt er aber im mutterficken uneinholbar vorne
Scheiß auf das, er ist nicht mal real! Er schreibt Texte über Dinge, von denen er keine Ahnung hat.
Als ob er z.B. jemals sieben Fässer Wein getrunken hätte. Richtiger Faker.
Die hat er sich auch geteilt, du Nixchecker. Crew love = true love! ♥
VBT hat er schon seit Jahrzehnten nicht mehr nötig.
Wer über Defloration einer jungen (wahrscheinlich minderjährigen) Maid an einem romantischen Strand zu nächtlicher Stunde singt und damit ungebrochen Jahr für Jahr Millionen Rentner glückseelig stimmt und dann noch eins hinterher schiebt, in welchem ihm seine Alkoholexzesse vor der Hochzeit retten, ist über alles erhaben. Das schafft kein Zweiter.
Ansonsten sehe ich es wie Fr. Fromm - grandiose Haltung, welche vieles verzeihen lässt (selbst eine Maite und Barbara) und auf bessere Alben hoffen lässt.
PS: probs für "lässt dem Gesang Raum zum Atmen."
Die Schlagerkacke kann nie musikalische Höhen erklimmen, weil das Publikum zum dümmsten gehört, was die Evolution, im Suff und bis zur Decke voll mit Drogen, erschaffen hat.
Ja schon, aber das Publikum macht die Musik ja nicht.
Der kleine Bruders des Schlagers, der Deutsch-Rap, ist ja aus den gleichen Gründen maximal Primaten-Muzak.
Kaisa sollte jetzt endlich mal wieder vernünftige Alben releasen, anstatt ständig unter dubiosen Pseudonymen
Wirst du hier eine von deinen tollen Rezis druntersaibeln?