laut.de-Kritik
Die Engländer leiden unter Energiestau.
Review von Josef GasteigerWow, Skin ist zornig. Fauchend aggressive, keifende Vocals brennt sie über den ersten Songs ab, betont mit ihrer charakteristischen Stimme den Wiedererkennungswert der Band. Kein Zweifel, die Gesangsleistung gehen auch beim zweiten Skunk Anansie-Album nach der Pause klar. Leider gibt es nicht viel mehr auf "Black Traffic", von dem man ähnliches sagen könnte.
Man habe sich bewusst gegen Live-Aufnahmen im Studio entschieden, um den kreativen Ideenstrom in ganzer Glorie mittels Protools am Computer festhalten zu können, um danach daraus die Songs zu basteln. Ein interessanter Anspruch, der leider nach hinten losgeht, wenn man mit kompromisslosen Rocksongs auftischen will, was die ersten drei Stücke auf dem Album zweifellos gerne sein möchten. Denn dafür knallt der Sound einfach zu wenig.
Stattdessen klingen die Drums wie Samples, die Gitarren wie Keyboardgewäsch und der Bass blubbernd belanglos im ewig gleichen Achtellauf vor sich hin. Es fehlt an den Ecken und Kanten und an einer Live-Power, die bei einem Song wie "I Will Break You" selbst das Allerweltsriff wieder wett gemacht hätten. So fühlt sich "Black Traffic" an wie ein einziger Energiestau, der sich nie wirklich befreien kann.
Ebenso sprang beim kreativen Songwriting nicht wirklich der Funke über, besonders Aces Gitarrenarbeit lässt jeglichen Ideenreichtum vermissen. Songdienliche Zurückhaltung in allen Ehren, aber bei der Standardballade "I Hope You Get To Meet Your Hero" ist die Gitarre fast nicht auszumachen inmitten von Streichern und Elektrodrums, erstaunlich seelenlos trotz bemühter Vocals ist die Nummer sowieso. Ein Problem, dem "Black Traffic" noch ein paarmal zum Opfer fallen soll ("Diving Down", "Our Summer Kills The Sun")
Mit "Satisfied" erlauben sich die Engländer zur Halbzeit hin doch noch einen ordentlichen Song, der genug Spannung für seine dreieinhalb Minuten abliefert. Ein sägendes Gitarrensolo, ein zartbitter gehauchtes "Fuck You", ein Chorus zum Rumhüpfen, mehr bräuchte es ja nicht, um mitzureißen.
Doch wer immer den famosen Einfall hatte, gerade in den größten Refrains synthetische Effekte auf die Gitarre zu legen, sollte hochkant aus jedem Studio fliegen. Modern nur der Moderne wegen hat noch niemanden geholfen. Denn Skunk Anansie sind nicht Muse. So etwas stellt auch dem Grande Finale von "Drowning" in den letzten Momenten ein Bein, das nach etwas uninspiriertem Beginn neue Größe schnuppert und erstmals die Geigenunterstützung für den Gesamteindruck nutzt und nicht nur als billige Effekthascherei.
Wenn sie neue Hymnen fürs Volk wollen, sollten sie nicht simple Songs mit altbackenen Samples auffetten, sondern wieder lernen, wie man zu viert gute Musik schreibt. Sonst hat man wirklich einen Grund, zornig zu werden, Frau Skin.
2 Kommentare
tja, im Alter werden sie träge, das debut album war grandios auf jeden fall, allein schon wegen 'selling jesus', aber das neue material zieht nicht. I believe in You ist irgendwie lahm und geht auch nicht sonderlich in Ohr.
Evtl. wäre es besser gewesen, wenn Skin allein weitergemacht hätte.. Gott, die Dame hat so eine Live-Präzenz, unfassbar.