laut.de-Kritik
Da bleibt keine zart besaitete Seele ohne Gänsehaut zurück.
Review von Steffen EggertBeim Thema "Psychobilly" dauert es meist nicht lange, bis der Name The Meteors fällt. Die nimmermüden Genre-Mitbegründer um Kratzbürste P. Paul Fenech haben auch nach über 40 Jahren weder die Lust noch den Anspruch verloren, die Welt mit ihren finsteren Kurzgeschichten heimzusuchen. Nach einer schier unzähligen Anzahl an fiesen Machwerken erscheint jetzt mit "40 Days A Rotting" ein neues Kapitel apokalyptisch abgefuckter Tonkunst, und in aller Kürze: der Kurs bleibt stabil, die Qualität ungebrochen.
Gerade im Bereich Rockabilly und seinem dreckigem kleinen Bruder Psychobilly lassen sich üblicherweise kaum besondere Innovationen oder Weiterentwicklungen ausmachen. Die Trademarks scheinen in Stein gemeißelt, Licks und Riffs wiederholen sich in einer stoischen Regelmäßigkeit, dass man sich kaum vorstellen kann, dass es Menschen gibt, die sich dieser Richtung als einziges Steckenpferd verschworen haben. Aber wie durch ein Wunder wird es einem bei einigen nicht langweilig, und schon gar nicht bei diesen urigen Briten.
Nach dem zugegeben etwas zu gedehnten Instrumental "The Blood Red Sea", das wie eine Höllenreinkarnation klassischer 60s Surfmucke klingt, packt Fenech beim kratzigen "Road Burn" seine markante Stimme aus. Als habe er mit Whiskey und Straßenschotter gegurgelt, bellt er mit seinem herrlichen Londoner Akzent seine Liebeserklärung an diese untote Musikform in die Welt. "Too late, the devil got my soul – I live my life for Rock'n'Roll"". Keine weiteren Fragen.
Völlig unverwüstliche Instant-Meilensteine mit dem der Band eigenen Halloweenparty-Flair wie das bedrohliche "Blood Moon" oder das vom Tempo her eher gemächliche "The Rage (Never Just For Fun)" bedienen sich einiger cheesiger Effekte wie etwa dumpfen Gruftstimmen oder dem heiseren Lachen vom Oberghoul höchst selbst. Derart theatralisch und komisch-gruselig geht es zu, dass man kaum weiß, ob man schmunzeln oder erschauern soll.
Das von schimmligen Gestalten gesteuerte Totenschiff "Seven Skulls" lebt von rostigen Shouts sowie einer ganz geilen Piratenklamotten-Atmosphäre und streut ähnlich wie auch der Titeltrack folkige Sprengsel der auf den Britischen Inseln beheimateten Kneipenmusik in die Songs. Weitere Reminiszenzen an eher irdische Spielarten, hier Americana, kommen beim staubigen "The Devil Take Me Highway" ans kaum wahrnehmbare Licht. Ein Banjo, ein (ich nehme an) Waschbrett und ein offenbar kaputtes Drumset erzeugen post-apokalyptisches Western-Feeling, und alles weit weniger genrefremd, als man es vermuten mag.
Thematisch bewegen wir uns irgendwo zwischen comichafter Science-Fiction, wie etwa beim mit billigen, analogen Space-Effekten belegten "Psychocybernation" und gut gelaunten Surf-Splatter-Boshaftigkeiten. Letztere treten vor allem beim jetzt schon zum Klassiker zu kürenden "Murder Party" zutage und lassen kein Auge trocken und keine zart besaitete Seele ohne Gänsehaut zurück.
Es mangelt keinem der Songs an Melodien, waghalsiger Lick-Akrobatik oder einer gewissen Eigenständigkeit. Es mag angesichts der lyrischen Inhalte widersinnig klingen, aber so lebendig erlebt man Psychobilly selten, und dass The Meteors nach all den Jahren scheinbar nichts an Spielfreude eingebüßt haben, ist alles andere als selbstverständlich. Völlig unironisch sieht man sich seitens der Band am Ende der Psychobilly-Nahrungskette und das wirklich zu Recht.
1 Kommentar
Schon irgendwie cringeverdächtig. Ist hart dran an "Heeeey, hoooo, jetzt klatschen wa fleissig in die Hände, und ab geht die Luzi!", Alterskategorie "Vorverwesung".