laut.de-Kritik

Ein junger Schwede auf den Spuren Bob Dylans.

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Eigentlich ist es eine viel zu hohe Bürde, schon nach einem Album mit dem großen Bob Dylan verglichen zu werden. Doch The Tallest Man On Earth fand sich nach dem Debüt "Shallow Grave" rasch im langen Schatten wieder, den der solitärste aller Folksänger bis zu seinem Motorradunfall im Sommer 1966 geworfen hatte.

Ohne jeden Schnörkel wurden hier amerikanische Blues- und Folk-Motive mit hochgestimmter Kapodaster-Gitarre und krächzender Stimme in expressiven Skelett-Folk übersetzt. Und das auch noch von einem jungen Schweden. Mit "The Wild Hunt" macht Kristian Matsson im Grunde da weiter, wo er mit seinem Debüt stehen geblieben ist. Nur das gesteigerte Selbstbewusstsein, das ihm sein plötzlicher Erfolg bescherte, kommt nun noch hinzu.

Wenn The Tallest Man On Earth etwa im wunderbar dynamischen "King Of Spain" davon singt, die Stiere in der Arena zu provozieren und spanische Lederstiefel zu tragen – eine schöne Reminiszenz an Dylans "Boots Of Spanish Leather" - dann muss man doch eher schmunzeln als dem live reichlich überdrehten Matsson Größenwahn zu unterstellen.

Überhaupt ist es doch das Wesen des Songwriters, Gefühlszustände in all ihrer Unmittelbarkeit zu transportieren. Und das schafft Matsson vorzüglich, weil er kein kryptischer Texter ist. Wähnt man ihn in einem Moment als trauriges Wandererschicksal, das sich so langsam zu Tode säuft, steht er im nächsten wieder auf und stellt in "Love Is All" klar: "If I don't get you in the morning, by the evening I sure will".

Wut über den Verlust eines Freundes ("You're Going Back"), "Into The Wild"-Sehnsucht ("The Wild Hunt") und das große jugendliche Wir-Gefühl im vom Klavier begleiteten "Kids On The Run" stehen hier lose nebeneinander. Freilich hat sich Matsson gerade bei puristischen Folk-Songs wie "The Drying Of The Lawns" oder "A Lion's Heart" einfach nur des magischen Quellcodes des Great American Songbook bedient und höchstwahrscheinlich nur Melodien etwas umarrangiert und Textbausteine neu zusammengesetzt - doch was solls.

Unseren Vorfahren sind wir ja schließlich auch dankbar, dass sie all die Geschichten aufgeschrieben und weitererzählt haben, aus denen wir später unseren Kindern erzählen dürfen. Zum Beispiel vom Verwandlungskünstler Bob Dylan oder eben vom größten Mann der Welt und seinem wunderbaren zweiten Album.

Trackliste

  1. 1. The Wild Hunt
  2. 2. Burden Of Tomorrow
  3. 3. Troubles Will Be Gone
  4. 4. You're Going Back
  5. 5. The Drying Of The Lawns
  6. 6. King Of Spain
  7. 7. Love Is All
  8. 8. Thousand Ways
  9. 9. A Lion's Heart
  10. 10. Kids On The Run

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