laut.de-Kritik
Der Suff und seine Nachwehen ...
Review von Dani Fromm"Nie wieder Untergrund, ich schwörs dir!" Dieses Ziel fest im Blick, kommt Timeless trotzdem "ganz ohne Beefs oder Masken" aus. "Ich brauch' keine lächerlichen Moves." Das wirkt zur Abwechslung ungeheuer wohltuend. "Ich war lang genug am Boden, aber jetzt bin ich am Zug", läutet er seinen Griff nach der "Krone" ein. Cristal untermalt diesen Ausbruch mit klingelnden Glöckchen, Streichern und E-Gitarre, denen er ein solides Bassfundament legt.
Der Fokus allerdings liegt auf dem Mann am Mikrofon. Enttäuschung tönt aus Timeless' Stimme, aber auch Zorn und Hunger: seit jeher probate Triebfedern der Kunst. Er ergeht sich in leise traurigen Rückblicken, seziert schonungslos das eigene Verhalten und dessen Wirkung auf Beziehungen zu den Eltern, der Liebsten, zu Freunden.
Der Suff und seine Nachwehen kehren als Motiv stetig wieder, genauso ein wohl nur mäßig verarbeitetes Trauma als Schulversager. Außer mit der eigenen verschwendeten Jugend setzt sich Timeless mit dem "Rapgame" und dessen Zustand auseinander und beleuchtet die zweifelhaften Vorzüge des Star-Daseins ("Was Ist Fame?", "Weck Mich Auf").
Hinter einer betont gleichgültigen Fassade wohnt ein hochgradig sensibler Bursche, der die Nöte trübseliger Teenager ganz offensichtlich nicht nur vom Hörensagen her kennt. "Schwarzer Schwan", "Spieglein Spieglein" oder das tragische "Seven Oaks" befassen sich einfühlsam mit jugendlichem Kummer, verzweifeltem Wunschdenken und der Flucht in Rausch oder Selbstzerstörung.
Um als frauenverstehende Heulsuse durchzugehen, besitzt Timeless aber um Welten zu viel Biss. Statt sich in Weinerlichkeiten zu verlieren, pflückt er die Situationen, die er beschreibt, (selbst)mitleidlos, mit beinahe schon verstörender Sachlichkeit auseinander, bis ihr Kern offen und entsprechend schutzlos auf dem Tisch liegt.
Solches und gepflegtes Maulheldentum schließen sich gegenseitig zum Glück nicht aus. Wer, wie Timeless, technisch derart versiert spittet, darf gerne einen auf dicke Hose machen und sich meinetwegen gerne als "MC, der brennt wie Lava: Ich bin der Burner" darstellen.
Die Frechheit, mit der er eine fehlende Hookline seiner "Schlagbohrerstimme" zum Trotz mit einem "Ich mach' einfach: Lalala" vom Tisch fegt, entschädigt durchaus für vergleichsweise übersichtliches Gesangstalent. Dendemann sagte es einst: "Nein, ich sing' nicht gut. Aber ich tus gern."
Ähnliches gilt wohl auch für Timeless: "Und ich sing', und ich sing' ..." Seine Kernkompetenz liegt aber zweifellos im Rap: "Hi-tech, aber" - und das im besten Sinne - "immer noch 90er Jahre". Timeless macht selbst im einigermaßen beliebigen 3nity-Beat zu "So Wie Es Kommt" mit trotziger Scheißdrauf-Attitüde eine gute Figur.
Joshimixu scheint außer Gitarren und Synthies auch nicht gerade viel eingefallen zu sein. "Scheissegal", das passt sogar irgendwie zur Teenage-Wurstigkeit des Tracks. Auch sonst greifen die Beats die Stimmungen der Texte (oder umgekehrt) bestens auf. "Jetzt komm' und sag mir, dass das nicht clubtauglich ist." Nicht wirklich, nein. Timeless ist es ohnehin gleich: "Ich bins auch nicht."
Stimmig präsentieren sich die Gäste. Vega schlendert "Am Morgen Danach" durch die "Trümmer von gestern". Eko Fresh zeigt wieder einmal, welches Talent seine oft nicht gerade geschickten Business-Entscheidungen viel zu häufig überschatten. Für den Bonustrack "All Die Menschen" schauen am Ende noch MoTrip und RAF Camora rein. Mehr braucht es gar nicht.
5 Kommentare
gestern in das album reingehört, fands grausam durchschnittlich. ich bleib bei den 80bars.....
Ich kenn ehrlich gesagt nur "kame-ha-me-ha". Fand den Track aber nicht sonderlich gut. Klang für mich wie Caput vor ein paar Jahren
Ich finde, dass dieses Album nach MoTrips Embryo das stärkste Debüt ist, was deutscher Rap momentan zu bieten hat!
versteh die hohe wertung überhaupt nicht, ist für mich wie liquit walker, halt purer durchschnitt. Vor allem was die Beats betrifft.
Liq war ein super Album, das beste bis lang im Jahr 2013.
Von Timey habe ich mir mehr erhofft.