laut.de-Kritik
Tame Impala haben die großen Melodien, MGMT die abgefahrenen und Toy?
Review von Andrea TopinkaMüsste ein musikalisches Unwort des Jahres 2013 gekürt werden, so wäre Psychedelic Rock ein guter Titel-Anwärter. Seit den Erfolgen von Tame Impala, MGMT und Co. erhebt gefühlt jede zweite Gitarren-Band respektive ihre Plattenfirma den Anspruch, die nächste, psychedelische Sensation zu sein. Im Falle der Briten Toy war das bereits auf ihrem Debüt im letzten Jahr so und verändert hat sich das beim Zweitling "Join The Dots" nicht.
Kein Wunder, schließlich spielten sie die Platte erneut mit der Unterstützung des Produzenten Dan Carey ein, der unter anderem schon für Hot Chip, The Kills oder Emiliana Torrini am Werk war. Einen Unterschied im Aufnahmeprozess gab es dann doch: Mit vier Wochen für Einspielen und Mixen nahm sich das Quintett doppelt so viel Zeit wie 2012.
Dem Psychedelic-Trend entsprechend jammen sie sich so durch ein Album voller verwaschener Synthies, dröhnender Bässe und die Sinne umnebelnder Gitarren. Manchmal driften sie ein wenig ab in den Krautrock von Neu! ("Conductor"), manchmal in Richtung der 80er-New Order ("Left To Wander"). Driften ist ein passendes Stichwort: Beim Hören schweift die Aufmerksamkeit leicht ab, denn die zweite Platte von Toy bietet zwar wunderbare Hintergrundunterhaltung. Um von ihr gepackt zu werden, braucht man aber ziemlich viel Geduld und Sänger Tom Dougall scheint es regelrecht darauf anzulegen.
Seine Lyrics trägt er so leidenschaftslos und abwesend vor wie kaum ein anderer. Kommt Hall hinzu, verkümmert er zu einem Rauschen im Hintergrund. Gerade ein Titel wie "Endlessly", der musikalisch voller Wärme strahlt, jedoch repetitiv angelegt ist, schwebt so völlig unbemerkt und unberührend an einem vorbei, wenn eher unspektakuläre Lyrics wie "Here it comes, it comes again / I stay here endlessly, every fear caresses me" derart zugedröhnt vorgetragen werden. Erst gegen Ende der Platte (ca. ab "Too Far Gone To Know") taut er etwas auf und legt mal Druck in die Stimme.
Wobei man direkt zum nächsten Problem von "Join The Dots" gelangt: die rund 60 Minuten Spielzeit wabert ziemlich vor sich hin. Tame Impala haben die großen Melodien, MGMT die abgefahrenen und Toy? Wirken oft wie ein sehr lahmer Abklatsch von Pond, dem Ableger von Tame Impala. Die langen Jam-Sequenzen führen zu oft ins Nichts, keine Stürme, selten eine frische Brise.
Schon der instrumentale Opener "Conductor" entpuppt sich als denkbar schlechter Start: eine monotone Bassline, gepaart mit schwirrender Elektronik, die mit einem berechenbaren Wall von Gitarre und Drums verschmilzt. "You Won't Be The Same" rettet mit verträumt gelangweilter Grundstimmung und seiner sanften Spielart nicht gerade vor Belanglosigkeit. Ecken und Kanten? Fehlanzeige.
Doch nach und nach nisten sich die Höhepunkte langsam in den Gehörgängen fest. Vor allem der fast achtminütige Titeltrack "Join The Dots" entwickelt einen hymnenhaften Charakter, wenngleich die dröhnend verzerrten Zwischenspiele ein bisschen deplaziert wirken. Oder der letzte Song "Fall Out Of Love", der sich über fast zehn Minuten ebenfalls zu einer melodiösen Großtat aufbaut.
Unterstützt von treibender, verhältnismäßig harter Gitarren- und Bass-Begleitung, zeigt sich Dougall hier präsent wie an kaum einer anderen Stelle und transportiert endlich die Emotionen, die das Stück auch musikalisch übermittelt. Das Ende klingt in einem unruhigen Meer aus Gitarre, Bass und Schlagzeug aus, in dem Keyboarderin Alejandra Diez mit ihrem Instrument noch kleine Ausrufezeichen setzt.
Was möchte man Toy also mit auf den Weg geben? Bloß, weil man im Studio minutenlang vor sich hinspielt, ist man noch lange keine großartige Psychedelic-Band. Vielleicht nehmen sie sich nächstes Mal acht Wochen Zeit und sorgen für ein bisschen Struktur auf dem Album, vielleicht auch für ein bisschen Abwechslung im scheinbar endlosen Brei zurückhaltender Jams.
Im Moment fällt der Zugang recht schwer und man beginnt mit dem Rosinenpicken. Übersieht man den schleppenden Albumauftakt von "Join The Dots" und wendet sich, sobald man sich mit Dougalls Vortragsweise abgefunden hat, eher der zweiten Hälfte zu, dann kristallisiert sich nämlich heraus, dass die Briten tatsächlich ziemlich viel auf dem Kasten haben.
3 Kommentare
live besser, druckvoller. hat richtig spaß gemacht und war ein guter, passender opening act für PLACEBO.
Live tatsächlich eine Wucht, das erste Album fand ich sehr gut mit Luft nach oben, werd mal reinhören.
Ein gelungenes zweites Album von TOY, guter Opener. Definitiv kein Mittelmaß. Auch dieses Album möchte öfter gehört werden während man sich auf das nächste Konzert der Band freut.