laut.de-Kritik
Immer locker bleiben? Gar nicht so einfach.
Review von Michael Schuh"Mein Manager ist groß und schwer / ihn nennen alle Bär / und er hätte auch verloren / wenn er nicht wie einer wär." 17 Jahre alte Zeilen von Smudo, aufgeschrieben und gerappt für den großen F4-Motivator und unermüdlichen Antreiber Andreas "Bär" Läsker, der sich selbst als fünftes Bandmitglied bezeichnet.
Nun schlägt endlich seine Stunde: Mit vorliegender Tribute-Platte tritt der Macher mit dem nostalgischen Vier-Logo auf dem Oberarm aus den Kulissen hervor und bedankt sich für "20 fantastische, spektakuläre Jahre", wie er im Booklet ausführt. Nie ein Mann der kleinen Geste, führt Bär sage und schreibe 36 Gratulanten ins Feld.
Dass hier nicht das Who Is Who der deutschen Rap-Szene zusammen findet, war zu erwarten. Aber Juli, Puhdys, Thomas Anders und Scooter? Wie genau lauteten denn da die Aufnahmekriterien? Wer hat schon mal ein Lied von Fanta Vier im Radio gehört? Und wo sind dann Rosenstolz und Jeanette Biedermann?
Mit der Brechstange sucht Bär die Weltläufigkeit und genreübergreifende Relevanz seiner Jungs zu demonstrieren. Dass der Mann immer noch 'nen dicken Pulli an hat, beweist einmal mehr die Coverästhetik: Vor komplett weißem Hintergrund wartet Bär im Stile eines Autoverkäufers am Tresen auf potenzielle Kunden.
Auch im Booklet keine Spur der Fanta Vier. Nur Bär und zahlreiche Bandteilnehmer. Auf 40 Seiten. Ganz klar: Das hier ist seine Show. Die Fantas hatten ihr Heimspiel, er hat das DSDS-Gesicht, was wiederum den fragwürdigen Link zu Thomas Godoj erklärt.
Recht machen kann man es mit einem Tribute-Album naturgemäß keinem, aber ein bisschen mehr Feingefühl bei der Auswahl hätte man irgendwie schon erwartet. Oder wäre es dem Status der Geehrten nicht angemessener gewesen, die Beatsteaks, Helge Schneider, Seeed und meinetwegen Bushido einzuladen?
Und wo sind eigentlich die gut befreundeten Ärzte abgeblieben, die so die Chance versäumen, sich für die F4-Würdigung von "Madonnas Dickdarm" zu bedanken? An mangelnder Zeit kann es bei Bärs dreijähriger Vorausplanung ja kaum gelegen haben.
Diese Gedanken schwirren einem im Kopf herum, während Revolverheld ihre 08/15-Phrasenakkordmaschine anwerfen, um "Was Geht?" in eine so unzeitgemäße wie unkreative Crossover-Version zu betten. Fängt ja gut an. Im Rennen um die belangloseste Coverversion erfreuen sich die Popakademie-Rocker aber bester Gesellschaft.
Die Puhdys und die Rattles spielen "MFG" bzw. "Ewig" mit ihren Mitteln naturgetreu nach, Prinz Sebastian Krumbiegel trällert seine üblichen, hallbeladenen Dreiklangsdimensionen und der Yeti Girls-Beitrag "Yeah Yeah Yeah" rechtfertigt jetzt auch nicht direkt deren spontane Wiedervereinigung.
Wie man es besser macht, zeigt auf "Le Smou" der Braunschweiger Rapper F.R. mit einer lyrisch wie soundtechnisch hochwertigen Ehrerbietung an die vier Stuttgarter: "Irgendwie isses seltsam / als die Fantas zusammen kamen war ich noch 'ne Fantasie meiner Eltern / '99 war ich 9 und kaufte '4:99' / obwohl ich nicht wusste, was 'Buenas Dias Messias' bedeutet."
Dazwischen viel Stückwerk und Vorhersehbares: In Extremo walzen "Yeah Yeah Yeah" platt, Roger Cicero lässt erahnen, dass er mit fremden Texten einigermaßen hörbar wäre und Scooter, tja, bleiben ihrem längst international gefürchteten Wumms-Wahnsinn natürlich troy. Überraschenderweise zieht sich H.P. nach seinem Begrüßungs-Anheizer aber zurück und überlässt seinem Kompagnon das Feld, der die F4-Raps mit bekannter Scooter-Ornamentik verziert.
Rap-Stuttgart vertreten die Massiven Töne mit dem Clubtrack "Picknicker", aus Rap-Berlin grölen die alten G.B.Z.-Halunken der Spezializtz ihre Props über die "4 Gewinnt"-Akkorde; beides äußerst ansprechend umgesetzt. Knorkator pflanzen ihr Spinner-Gen selbstverständlich auch "Geboren" ein, während die mir bislang unbekannte Band Mamas Gun "Die Da" mit irgendwie nettem Soulfunk überzieht. Vor allem im direkten Gegensatz zu Sashas Nonsens-Version.
Kann man alles machen, gut und schön, aber was bitte hat Thomas Anders' abermaliges Statement eigener musikalischer Unzulänglichkeit im stumpfen Discobeat-Horror von "Geboren" auf einem F4-Tribute zu tun? Wieso darf Xavier Naidoo "Krieger" rappen? Wer zur Hölle ist Karpatenhund? Und zum hundertsten Mal: Was erlaube Mario Barth?
Zu den positiven Überraschungen zählen Pur, die auf "MFG" (schwäbisch) ordentliche Arbeit abliefern, was nicht zuletzt in Hartmut Englers mutigen Gesangslinien begründet liegt. Auch Peter Maffay schlägt sich außerordentlich wacker in der country-bluesigen Umsetzung von "Krieger", zumal seine Sprechstimme cooler klingt als sein Gesang.
Karat kleiden "Sommerregen" in überraschend lässige, soulige Elektrobeats, während sich Max Mutzke im selben Song als alter Funker alter Schule outet. Dass Four Music-Zögling Clueso nichts anbrennen lässt, war indes erwartbar.
Die Limited Edition liefert zusätzlich zu den zwei CDs noch eine DVD mit. Hier lädt Bär in die Präsidentensuite des Kölner Hyatt, wo ihm Stichwortgeber Dieter Nuhr noch einmal die große Geschichte seines Lebens entlockt.
Hier erfährt man unter anderem, dass Meister Bär die Fehlfarben als längst aufgelöst betrachtete, dafür Dieter Thomas Heck für eine "absolut coole Socke" hält und dass bereits sechs bis sieben Songskizzen für das neue Fanta-Album stehen, das 2010 erscheint. Licht am Ende des Tunnels. Spät, aber immerhin.
76 Kommentare
Mh, Revolverheld und Mario Barth sind natürlich heftige Schläge in die Magengrube und das Cover ist auch eher ohne Stil. Aber allen anderen Interpreten kann ich noch irgendwie etwas Witziges und/oder Interessantes abgewinnen. Da finde ich sogar Scooter erfrischender als In Extremo.
Verstehe die Hälfte der Tribute-Gäste nicht, bzw. warum grad solche Leute ausgesucht wurden. Mehr Rap-Acts wären viel passender gewesen! Hätte Bu was beigesteuert, oder Moses P - dat wär nice gewesen.
@HeißeBlonde1991 (« Mh, Revolverheld und Mario Barth sind natürlich heftige Schläge in die Magengrube und das Cover ist auch eher ohne Stil. Aber allen anderen Interpreten kann ich noch irgendwie etwas Witziges und/oder Interessantes abgewinnen. Da finde ich sogar Scooter erfrischender als In Extremo. »):
ja was macht mario barth da die pflaume? omg..
lächerlich diese intepreten liste.
@Anonymouse (« so eine scheiße, das nennen die tribut? als band würde ich gegen sowas klagen. »):
Wat isn jetzt mit dem Bär-Update?
Finde solche Alben allgemein unnötig. Jedem das seine.