laut.de-Kritik

Melancholischer Synthiepop gepaart mit einer wehmutsgetränkten Stimme

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"You’ll never like Wolfsheim". Mit dieser düsteren Prophezeiung aus dem Inlay ihres 92er Debuts "No Happy View" traten die Herren Heppner und Reinhardt nicht gerade in Nostradamus' Fußstapfen. Ihr Rezept, melancholischer Synthiepop gepaart mit einer wehmutsgetränkten Stimme, ließen sich schon bald nach Erscheinen des erwähnten Erstlings haufenweise Anhänger der Elektronikszene verschreiben und verschafften den beiden Hamburgern somit schnell einen Namen im Independentbereich.

Das neue, vierte Album von Wolfsheim steht aus kommerzieller Sicht unter einem anderen Stern. Die Band ist zwar nach wie vor beim Indielabel Strange Ways unter Vertrag, erfuhr aber letztes Jahr aufgrund Sänger Heppners Hitkollaboration mit NDW-Barde Joachim Witt einen satten Popularitätsschub.
Jetzt ist alles anders: "Spectators" liegt in den Startlöchern, die Vorabsingle "Once in a lifetime" erfährt nie gekanntes Radio-Airplay bzw. Heavy Rotation bei MTVIVA.

Wahnsinn. Werden Wolfsheim jetzt Popstars? Falls ja, ist es ihnen zu gönnen. Die neue Scheibe ist poporientierter, sprich massentauglicher als frühere Werke, aber in keinster Weise trendanbiedernd. Mit "Künstliche Welten" ist traditionell zumindest ein deutschsprachiger Song auf dem Album enthalten.

Als Experiment kann "Sleep somehow" angesehen werden, da Drum´n´Bass-Anleihen bisher keinen Platz im Wolfsheim-Kosmos fanden, zurecht, wie ich hinzufügen möchte. "Heroin, she said" kommt ziemlich industrialmäßig (ja!) daher und überzeugt mit krachigem Refrain, der Rest ist einfach 100% Wolfsheim.

Böse Zungen mögen jetzt behaupten, daß die Band mit ihrem puristischen Elektro-Sound schlicht ein Jahrzehnt hinterher hinkt. Sicher ist das alles nicht neu und nur im Ansatz prickelnd, ist mir aber trotzdem lieber als sämtliche kommerzgeilen Retortenbands, die mit billigsten Adaptionen früherer Hits den großen Reibach machen und die deutschen Charts zu einer Auflistung akustischer Grausamkeiten verkommen lassen.

Die Vorzeichen stehen günstig: Laut Plattenfirma ist die anlaufende 7-Städte-Tour bereits restlos ausverkauft. Lehnen wir uns zurück und harren der Dinge, die da kommen.

Trackliste

  1. 1. It’s hurting for the first time
  2. 2. Künstliche Welten
  3. 3. Touch
  4. 4. Blind
  5. 5. Once in a lifetime
  6. 6. Sleep somehow
  7. 7. For You
  8. 8. Read the lines
  9. 9. I don’t love you anymore
  10. 10. Heroin, she said
  11. 11. E

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