laut.de-Kritik
Die Kuschelzombies penetrieren Formatradio-Hörgewohnheiten.
Review von Ulf KubankeWas haben so unterschiedliche Künstler wie Robert DeNiro, Iggy Pop, Tim Burton, Marilyn Manson oder Alice Cooper gemeinsam? Sie alle sind bekennende Fans der wohl außergewöhnlichsten Band Großbritanniens. Sechs lange Jahre ist es her seit dem letzten Lebenszeichen der freundlichen Zombies von nebenan. Doch abermals hat es sich gelohnt, die Geduld zu bewahren.
Nick und Chrissie Wade aka Mr. and Mrs. Fiend haben auch nach fast drei Jahrzehnten musikalischen Schaffens keinerlei Moos angesetzt. Sie servieren uns mit "Death Trip" ein höchst prachtvolles Gemälde voll giftiger Farben und ominöser Essenzen. Das fängt schon mit dem grandios selbstironischen Eigenportrait Nicks auf dem Cover an.
Ist das nun Gothpunk? Postpunk? Postindustrial? Prehistoric Techno oder gar EBM? Ein bisschen von alledem und ganz sicher nichts, was man in schnöde Kategorien pressen kann. Also hinein in den ganz eigenen ASF Kosmos, der mit unnachahmlich szenefremder Chuzpe Humor und Zorn, Song und Collage miteinander verknüpft.
Im erwähnten Zombieland-Track geben sie sarkastisch und nicht zum ersten Mal ihren Kommentar zur gegenwärtigen US-Gesellschaft ab. Das eingestreut augenzwinkernde Bowie-Zitat aus dessen Orwell Song "Diamond Dogs" anno 1974 unterstreicht trefflich den eigenen Standpunkt. Nichts hat sich geändert bei den Sterblichen.
Bemerkenswert ist seit jeher, wie löchrig kaputt einerseits und dabei doch kraftvoll pushend die drogenlastigen Kompositionen klingen. "One Way Ticket" oder ""Dance Of The Dead" sind solche Lieder. Die scheinbare Unfertigkeit und Schnodderigkeit sollte niemanden darüber hinwegtäuschen, dass man es hier mit zwei gewissenhaften Künstlern zu tun hat, die kein noch so kleines, schräges Geräusch dem Zufall überlassen. Jeder Ton sitzt perfekt platziert wie ein aus bunten Fetzen gestrickter Maßanzug.
Faszinierend wie eh und je geraten auch die psychedelischen und doch pointierten Collagen à la "Voodoo" bzw. "Beyond A Psychic Evil". Die angenehm lustvolle Penetration antrainierter Hörgewohnheiten eines jeden Formatradios sowie herkömmlichen Rockkontexts! Und überhaupt ist es der cartoonige Spaßfaktor der sympathischen Kuschel-Zombies, der die Sucht nach immer neuen Durchläufen endlos steigert.
Mit "Ooops! Wrong Planet" haben sie den vielleicht lustigsten Song ihrer bisherigen Karriere veröffentlicht. Das Lied preist Individualität, Friedfertigkeit, Skepsis und Freiheitsliebe, um im Refrain comichaft in der Erkenntnis des Titels zu kulminieren. Ganz großes Kino!
Wem es mal wieder nach ein wenig LSD für die Ohren zwischen Lavalampe und Fleischwolf gelüstet, der sollte nicht lange fackeln. Neben den fröhlich authentischen Gothghouls wirkt ein Typ wie Manson am Ende doch nur wie eine gepuderte Hofschranze an der Schockrock-Tafelrunde. Die wahre Kunst eleganter Provokation bietet immer noch das derzeit in Wales beheimatete Ehepaar mit ihrem immerwährenden Spagat zwischen Gaga und Intellekt.
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