laut.de-Kritik
Handzahmer, französischer Sommersonnenpop.
Review von Kai KoppWas muss ich da in der der Rezensions-CD beigelegten Künstlerbiografie lesen: "Mit 11 Jahren gewann Alizée einen Malwettbewerb"!? Mmmh, wie hoch soll ich dahin alternder Senfspender eine Künstlerin achten, in deren Vita das Gewinnen eines Malwettbewerbs solch prominente Bedeutung erhascht?
Haben wir nicht alle irgendwann in unserem erfahrungsreichen Leben irgendwas gewonnen? Die Tombola vielleicht beim Weihnachtsabend des dörflich-heimischen Turnvereins. Oder auf der tödlich langweiligen Fete der letzten Urlaubsbekanntschaft den Preis für den längsten Anreiseweg! Oder wenigstens eine kleine 'Dabei sein ist alles'-Urkunde für die Teilnahme am Schulsportfest? Oder eben den Malwettbewerb der Vor-Ort-Sparkasse in, sagen wir mal, Gammertingen-Unteruhldingen!
Es geht in Alizées Fall natürlich nicht um irgendeinen Malwettbewerb! Es geht um einen dieser Zeichenwettkämpfe, bei denen anschließend ein Flugzeug mit deinem Siegerbild bemalt wird! Immerhin reden wir hier über Mademoiselle Alizée. Die Korsin mit Lolita-Image veröffentlicht 2001 ihre europaweite Hitsingle 'Moi ... Lolita'.
"Zwei Jahre und über vier Millionen verkaufte Alben später hat sie der Popwelt ihren bezaubernd leichten Stempel aufgehaucht"! Bei diesen Zeilen aus - ich erwähnte es bereits - der beigelegten Künstlerbiografie werde ich abermals freudig erregt. Da Capo! Haben wir nicht alle irgendwann in unserem entbehrungsreichen Leben irgendwem unseren "bezaubernd leichten Stempel aufgehaucht"? Ungeachtet aller Folgen! Und ... o.k., es war nicht die Popwelt die wir zu vernaschen suchten, sondern Elke aus der Parallelklasse!
Mit "Mes Courants Electriques" liefert Alizée ihren zweiten Longplayer fristgerecht innert zwei Jahren ab. Erwartungsgemäß befindet sich darauf handzahmer, französischer Sommersonnenpop, dem ein "bezaubernd leichter Stempel aufgehaucht" wurde. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Außer vielleicht, dass die redaktionelle Konsensprognose eine Chartplatzierung unter den Top 30 vorsieht.
Nix wie ran also! Enttäuscht uns nicht! Stellt uns nicht bloß! Gehet hin und kaufet! Das hilft allen. Uns, Alizée, ihrer Plattenfirma, dem gebeutelten Gesamtmarkt und wahrscheinlich auch der allumfänglichen mikro- und makroökonomischen Entwicklung. Hans Eichel, der alte Fiskus, freut sich ebenso. Aber das tut er auch, wenn ihr alle fleißig raucht!
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