laut.de-Kritik

Krach und Pop - die Bonner bringen zusammen, was nicht zusammen gehört.

Review von

Auf der Suche nach der eigenen Identität lehnen sich die Bonner von Ampersand mit ihrem Zweitwerk ein ganzes Stück weiter aus dem Fenster und finden sich irgendwo zwischen ausuferndem Alternative Rock und bittersüßen Noise-Übergriffen. Nicht nur musikalisch, auch personell ist die Band in den vergangenen zweieinhalb Jahren gewachsen. Wurde das ambitionierte Debüt "Marco" noch als Trio auf die Magnetspur gebannt, so komplettiert jetzt Hannsu Lakkinen (ehemals Sans Secours) an der Klampfe das Lineup.

Auch sonst ist die im Musikkosmos fast endlose Zeitspanne nicht ganz ungenutzt vorübergezogen. Nach fleißigem Touren und diversen Splitsingles haben Ampersand vor allem an ihrem verworrenen Sound geschraubt. Schon nach dem hymnischen Einstieg des Openers "Share Your Secrets" sprudeln die Ideen regelrecht aus den Boxen. Scheppernde Drums, krachige Gitarrenintermezzi und melancholischer Gesang lotsen den Hörer durch die verwinkelten Abgründe des kompakten dreieinhalbminütigen Epos – Langeweile klingt anders. Die folgenden Songs beweisen schnell, dass es nicht nur den artverwandten Labelkollegen von Urlaub in Polen gelingt, ihr Sitzfleisch geschickt zwischen allen Stühlen zu platzieren.

Das Unterfangen, die Stimmung eines einzelnen Songs festzunageln, scheitert schon im Ansatz verheerend. Milde plätschernde Bäche werden binnen Sekundenbruchteilen zu reißenden Strömen, nur um plötzlich auf gänzlich unbekanntem Terrain wieder im Sande zu verlaufen. Intelligentes Songwriting, kompromisslose Lärmattacken, Melodien von eigenwilliger Schönheit und ein hämisch grinsender Produzent hinter den Reglern des Mischpults sorgen für eine der wohl angenehmsten Alternative Rock-Überraschungen des angebrochenen Kalenderjahres.

Beißend und kratzend wehrt sich die Combo gegen das Einordnen in eine Schublade. Ampersand pfeifen auf in Granit gemeißelte Schemata und schreiben lieber ihre eigenen Regeln – so viel ist sicher. Eine davon besagt mit hoher Wahrscheinlichkeit, den Hörer so lange im Ungewissen zu lassen, bis auch die letzte Sekunde von "Bordedom and Identity" durch den Player geronnen ist.

Doch zuvor tastet man sich über kleine Perlen wie das wahrscheinlich mit einem Anrufbeantworter mitgeschnittene, jedoch nicht minder ergreifende "Undecided", den schrammligen Groover "Van Daag", das beklemmend tröpfelnde "The Railing" oder den zweistimmigen Wutausbruch "It's Operational" bis zum alles entscheidenden, elfminütigen Titeltrack.

Krach und Pop - Ampersand bringen zusammen was nicht zusammen gehört. Erstaunlicherweise funktioniert das Ganze auch noch.

Trackliste

  1. 1. Share Our Secrets
  2. 2. The Corrections
  3. 3. Simple Discourse
  4. 4. Undecided
  5. 5. Van Daag
  6. 6. The Railing
  7. 7. Did You Notice?
  8. 8. No Integrity
  9. 9. It's Operational
  10. 10. Boredom & Identity

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