laut.de-Kritik

Hip Hop-Tracks für den erwachsen gewordenen Head.

Review von

Während weite Teile der Medienlandschaft hartnäckig darauf abzielen, der Welt fernab der Reime und der Beats vorzugaukeln, Hip Hop bestehe lediglich aus Gangsterrap und habe mit Musik im Grunde wenig zu tun, schrauben die Asio Kids ebenso beharrlich an einem Gegenentwurf. Melodisch, detailverliebt und hochgradig angenehm konsumierbar gerät, was nach lange währender Frickelarbeit unter dem luftigen Titel "Aero" das Licht der Öffentlichkeit schaut.

Nur Bibo Huther, eine Hälfte des Duos, verblieb in der alten Heimat Bayern. Partner Matt Rock lebt schon lange in New York. Wenn Soundfiles während des Entstehungsprozesses eines Tracks mehrfach den Atlantik überqueren müssen, dann dauert es eben seine Zeit, bis ein Longplayer fertig gestellt ist. Die sechs Jahre konzentrierter Arbeit, die in "Aero" stecken, hört man dem Resultat an.

Stellenweise ein wenig zu verkopft, zu stark auf Hochglanz poliert, aber unbestritten reizvoll breiten sich die überlegt arrangierten Soundcollagen der Asio Kids aus. Abgesehen von einer Spur Rohheit und Spontaneität vermisse ich jedoch rein gar nichts. Das weiträumige Fehlen der im Hip Hop oft unverzichtbar scheinenden Raps fällt noch nicht einmal auf.

Über nicht mehr als drei Tracks lässt New Yorks MC The 19th Letter S.U.P.R.E.M.E. lässig seine sauber flowenden Zeilen perlen. Die legen sich ins gemachte Bett aus locker hingeworfenen Gitarrenmelodien und Chor-Gesängen, das ihnen der Beat angemessen "Smooth" aufschüttelt.

Gediegene Kulissen erheben sich aus der Kombination organischer und elektronischer Klänge. Handwerklich tadellos eingesetzte Instrumente treffen konfliktfrei auf Synthetisches. Der bei aller Nostalgie stets dräuenden Antiquiertheit schiebt die topaktuelle Produktion regelmäßig einen Riegel vor.

Geräusche, Töne, verschiedenste Effekte und Scratches von Plastic Jugganots-Turntablist Iron Faden fügen die Asio Kids zu stimmigen Gesamtkunstwerken, als seien die einzelnen Komponenten eigens füreinander geschaffen worden. Dabei erdrücken sich die zahlreichen Einzelbestandteile, darunter groovende Basslinien, funky Bläserpakete, gesprochenes Wort und Vocoderstimmen, nicht gegenseitig, sondern lassen den jeweils nötigen Raum.

So morpht die Glocke, die "Ding Dong" einläutet, übergangslos in den Beat. Absehbarkeit bekommt keine Chance, wenn, beispielsweise in "The Grid", angeschrägte Tonfolgen wie beschwipst durchs Bild torkeln. Dafür lädt der dezent jazzig angehauchte "Funeral March" zu Gedankenspaziergängen und zum Schwelgen in Erinnerungen ein. Der meckernde Einstieg in "Loom" weckt "Wipe Out"-Assoziationen.

Die vom Hocker reißenden Höhepunkte fehlen "Aero" zwar. Zum Ausgleich gibt es aber auf ganzer Strecke nicht das leiseste Anzeichen eines Ausfalls. "Lean back and enjoy the ride!" verkommt zur überflüssigen Aufforderung. Der kommt man, eingehüllt in Hip Hop-Tracks für den erwachsen gewordenen Head, ganz von alleine nach.

Trackliste

  1. 1. Spacek
  2. 2. The Answer
  3. 3. Funeral March
  4. 4. Changes
  5. 5. Ding Dong
  6. 6. Gang Thang
  7. 7. A.S.I.O.
  8. 8. Smooth
  9. 9. The Grid
  10. 10. How Do You Feel?
  11. 11. Keith
  12. 12. Loom
  13. 13. Hundreds Of Us
  14. 14. Drawknob

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