laut.de-Kritik
Der Teufel reist im Langschiff.
Review von Benjamin TrollBergen in Norwegen. Perle am Atlantik, Tor zu den Fjorden, Touristenmagnet. Die andere Seite der zweitgrößten Stadt des Landes ist: ROCK! In allen Variationen. Über die Jahrzehnte hat sich Bergen zu Norwegens Zentrum für alles Gitarrenlastige entwickelt, eine gewaltige Szene sorgt für ständigen Output. Aus verschiedenen Metal- und Hard Rock-Bands hervorgegangen, gründet sich 2002 Audrey Horne, die zum 20-jährigen Bandjubiläum mit "Devils Bell" Longplayer Nummer sechs vorlegen.
Wo die fünf Norweger musikalisch herkommen, bläst der Opener "Ashes To Ashes" direkt und stolz in die Welt hinaus. Zweistimmiges Riff, ordentlich Gefidel und ein mit Pathos beladener "Oh Yeah!"-Refrain. Beinah kann man hören, wie Schwerter aus FjordFelsen gezogen werden, um damit Jagd auf mysteriöse Fabelwesen zu machen. Metal-Fans der alten Schule werden sich angenehm zurückversetzt fühlen in die Zeit, als Hosen eng und Haare toupiert waren.
Dass Audrey Horne eigentlich keine Metal-Band sind, wird direkt danach auf "Animal" deutlich. Mit einem relativ einfachen Rezept und dem eingängigen Mitsing-Refrain könnte der Song auch ins Repertoire einer Rockband passen, die Material für eine Stadiontour schreibt. "Break Out" und "Return To Grave Valley" setzen danach aber wiedr direkt auf die Retro-Schiene. Verspielte Riffs mit 80s-Metal-Einschlag wechseln sich ab mit eingängigen Hooks. Das Rezept funktioniert durchaus.
Die Gitarristen Arve Isdal und Thomas Tofthagen sind Meister ihres Fachs, und auch Sänger Torkjell Rød punktet, wenngleich er nicht ganz an die Stimmgewalt seiner Vorbilder heranreicht. Die fünf wackeren Nordlichter zocken ihr Album äußerst routiniert, die inzwischen doch große Fangemeinde wird sich über das neue Material freuen. Beim Gelegenheitshörer stellt sich gegen Mitte des Albums aber leichte Erschöpfung ein. "Danse Macabre" geht noch ganz gut ins Ohr, spätestens bei "Devil's Bell" und "All Is Lost" fängt die oft zu ähnliche Machart der Songs aber an, ein bisschen zu ermüden.
Etwas mehr Variation in Tempo und Struktur hätte gut getan. Auf "Toxic Twins" treten Audrey Horne zumindest mal ein bisschen aufs Gaspedal. Ein Halftime-Zwischenteil mit einem ausufernden Gitarrensolo (worauf ansonsten großteils verzichtet wird), sorgt für ein wenig Abwechslung. Die Schlussnummer "From Darkness" passt ins Bild der ganzen Scheibe: ein bisschen Dio hier, ein bisschen Stadionfeeling da. Das Quintett beschließt die Platte dann mit einem sphärischen Instrumentalteil. Letztendlich ist "Devil's Bell" ein absolut solides Heavy Rock-Album geworden: Die Norweger beherrschen ihr Handwerk, kennen ihre Einflüsse und gehen stimmig vor. Nicht mehr und nicht weniger.
Noch keine Kommentare