laut.de-Kritik

"Probleme sterben dann mit einem Lalala ..."

Review von

"Ich bring endlich wieder bisschen frischen Wind ins Buisness/... Ein Hauch von Gift/ Alles, was ihr braucht, bin ich/ Mukke für die Autofahrt zur Party/ und den Sommer, wenn ihr draußen sitzt.", hören wir verheißungsvoll im Intro. Doch wer gehofft hat, mit dem Ende seiner Trilogie "Mukke Aus Der Unterschicht" und einem erfrischend anderen Titel, beginne nun ein völlig neues Kapitel in Bizzys Buch des kleinen Mannes, hat sich leider getäuscht.

"Das Leben ist eine Hure" und 'ne fette noch dazu, bildet auch hier wieder den Kern seiner Message. Tristesse, melancholische und durchweg sehr variationsarme Beats prägen auch dieses Album. Viel Synthiegejammer, mal ein bisschen Piano dazwischen und bei jedem Track Clap Clap Clap ... Summerfeeling kommt da nicht auf. Bizzys Album holt einen rein vom Balkon in den tiefsten grauen November.

In "Leeres Blatt" bekennt Bizzy selber: "Viele Niederlagen machen zum Miesepeter". Das scheint tatsächlich so zu sein. In "Was geht bei dir?" feat. Silla bekommt man den Eindruck, dass selbst das Erreichen seines Jugendtraums - nämlich Rapper werden - eine ziemlich triste Angelegenheit ist. Bizzy will den ewigen Sommer, ein Stück Kindheit zurück und nebenbei die Nummer Eins in den deutschen Rapgefilden sein - kurz: "ein Leben, das sich anfühlt, als würde ich über die Wolken fliegen." Diese Welt ist eben nicht genug. Eventuell liegt in dieser Genügsamkeit die Ursache seiner Dauerdepression.

Unerreichbare Ziele können einen schon fertig machen. In "Komma Kla" versucht Bizzy sich über seine eigene Perspektivlosigkeit hinwegzutrösten. Erst lässt er sich im Dialog von David Asphalt Mut zusprechen. Dann wird das Spiel umgekehrt: "Bizzy, wie soll ich das verstehn, was Du sagst?/ Für mich bricht die Welt zusammen/ jeden Tag.", jammert David, und Bizzy, ganz empathischer Kamerad der alten Schule: "Komma Kla, Bruder/ mach dir keinen Stress mehr/ alles hat ein Ende/ nur die Wurst hat zwei." Diese Rückbesinnung auf den alten Schlagerklassiker fand ich dann doch zu herrlich, um mir nicht ein Schmunzeln zu erlauben.

Bei aller Tristesse kann man schließlich auch nicht behaupten, der Junge könne nichts. Mit "Boom" macht er gleich im ersten Track klar, wie der Hase läuft bzw. wie er aufhört zu laufen, wenn Bizzy ihn nur in seine Fänge bekommt. Auf die großen Rapidole gibt Bizzy nicht mehr viel: "Zünd 'ne Kerze für euch Kreise an, Rap ist für mich 'n Freifick/ Ich hab keine Preise, nichts, nur meine Meinung/ dabei bleib ich/ keine Scheine auf der Seite/ doch zerreiß Dich wie ein Haifisch."

Auch in "Was solls" und "Rap ist ..." kommen die großen MCs nicht gut davon: "Diese homophoben Forumidioten/ Klonekopien/ flowen Strophen auf Beats/ wie Komiker/ für Kohle und Kies." Der haut schon echt 'n paar coole Dinger raus. All die geldgeilen Softrapper dieser Welt kriegen im Laufe des Albums immer wieder ordentlich aufs Maul. Rap ist Pop, sagt Bizzy, aber egal: "Macht, was ihr wollt - das ist die Zukunft. Bizzy ist unfickbar, Rap ist ne Hure, Mann."

Ist ja okay, aber ein bisschen Stil wäre schon ganz wünschenswert. Doch Beat, Scratches und Gastfeatures sind unterste Unterschicht. "Das ist der Sound aus dieser Kleinstadt/ wo das Kleingehackte glitzert.". Von diesem "Apokalypse-Scheiß auf die Welt"-Scheiß in Form verzerrter Computerstimmen und schlechter Raps bluten einem die Ohren und das Herz.

Kaum zu glauben, dass derselbe Mann, der sich für solchen Plunder hergibt, solch inspirierte Dinger kreiert wie "Zeichen", das die Seele des ganzen Albums bildet. Auch wenn das schreckliche Synthi-Getute wieder mal nicht sein müsste - meiner Meinung nach sollte Bizzy vielleicht einfach nur rappen und die Beats jemand anderem überlassen - beweist er hier eine unglaubliche Sensibilität und viel Können in seinen Raps:

"Oh du wundervolle Welt, gib mir ein Zeichen, wenn du da bist. Und ich mein damit nicht wieder nur den gleichen harten Arschtritt. Wir sind da und warten drauf wie nach dem Hauptgang auf den Nachtisch. Zauber uns ein Lachen ins Gesicht wie Clowns den Kids auf Partys. Ich vertrau dir, doch beeil dich, denn die Zeit hier ist begrenzt. Dass es kein Zuckerschlecken gibt, oh Welt, das weiß ich doch schon längst. Doch wenns dich gibt, bitte beweis es, schick ein Zeichen an die Menschen."

Eine nachdenkliche Leichtigkeit kommt hier zum Vorschein, die mich völlig überrascht und damit kalt erwischt: "Wir haben nur Stress hier/ mach den weg mit nem Lalala/ Wir hängen fest hier/ löst die Fesseln mit 'nem Lalala/ Wir fressen Dreck hier/ gib mir ein Lalala/ Gib uns ein Zeichen und Probleme sterben dann mit einem Lalala."

Bizzy, vielleicht solltest du nicht auf ein Zeichen der Welt warten, sondern dir selber aus der Patsche helfen. Du hast was drauf - Tracks wie "Zeichen" beweisen es - also gib uns mehr davon und mach' die nächste Platte einfach allein.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. BoOom
  3. 3. Cash, Money feat. Chakuza
  4. 4. Leeres Blatt
  5. 5. Komma Kla feat. David Asphalt
  6. 6. Wos Party
  7. 7. Drauf
  8. 8. Was geht bei dir? feat. Silla
  9. 9. Nachtleben feat. Son Saifa & Midy Kosov
  10. 10. Ende Gelände
  11. 11. Rap ist.....
  12. 12. Zieh Zieh feat. Vega
  13. 13. Nur ein....
  14. 14. Zeichen
  15. 15. Gewitter feat. Amar, DJ Access
  16. 16. Schutt und Asche
  17. 17. Was solls
  18. 18. Rückenwind
  19. 19. Ich will...(the secret) feat. Caney K.O. & X-Treme
  20. 20. Outro

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