laut.de-Kritik
Kleine Oden an den Mitbewohner, der YouPorn entdeckt.
Review von Mathias DeneckeFast jeder kam in früher Kindheit mit ihr in Kontakt und lernte sie hassen: Die Blockflöte. Um so erfrischender der Titel der Band: "Blockflöte Des Todes." Mit derart abstrusem Namen stößt man zumindest schnell auf Gehör.
So auch der milde Groove in ("Jung Und Schön"), der durch die Boxen wabert. In ihn mischt sich eine Frauenstimme, der wiederum unmelodiöse Akkorde nachschleichen. Die Verantwortliche singt – ohne großen Wert auf getroffene Töne zu legen – über ihre Perspektive auf einen Trinkabend in Berlin. "Man müsste ein Mädchen sein in Berlin. Man könnte ganz ohne Geld durch die Clubs ziehen."
Der Bruch zwischen Refrain und Strophe, die Unkonventionalität von Story und Ausdrucksweise ist für "Wenn Blicke Flöten Könnten" bezeichnend. Hinter der todbringenden Blockflöte verbirgt sich Matthias Schrei. Der Berliner spielt zwar eine ganze Reihe an Instrumenten (Gesang, Gitarre, Bass, Tasten…) selbst ein, holte sich für sein erstes Album jedoch Unterstützung (Chor, Blockflöte, Banjo, Posaune) ins Studio.
Der Textarrangeur unterlegt die musikalisch versierten Darbietungen mit Schweinereien und bedient sich nach eigenen Angaben aus einem Fundus von selbst widerfahrenem Alltagsgeschehen. Poppig-eingängigen Melodien und Klängen trampeln kleine Oden an einen verschollenen Mitbewohner nach, der "You-Porn entdeckt".
Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Beinahe andächtig singt Herr Schrei im Laufe der Scheibe über fair gehandeltes Kokain ("Alles Wird Teurer"), Morgenurinkuren ("Warum Meine Freundin Mich Verlassen Hat"), zieht einen Vergleich zwischen einem Flughafen und einer Frau heran – und man fragt sich nach dem Sinn in all dem.
Dem wortverspielten Schweinkram ketten sich Selbstzeugnisse wie "Ich bin der Orgasman" ("Wir Sind Helden") an, der "Volkshochschulkurs" zum Suizid und Orangenhäute: "Es ist doch auch nur Haut, die sich an deinen Schenkeln staut" Den Song "Schlachthof" dürfte eine heftige Auseinandersetzung mit einer Vegetarierin inspiriert haben: "Ich will nicht in den Streichelzoo. Ich mag Tiere nur gerieben."
Die Blockflöte des Todes hört sich an, als hätten sich zweitklassige Solokünstler mit Bart und Gitarre Backstage betrunken und die in der Suffkonversationen ausgerülpsten Wortspiele festgehalten. Für eine gelungene Persiflage auf den Deutschpop reicht es irgendwie nicht. Matthias Schrei gibt sich mehr als Abiturient, der im Lehrerzimmer randaliert und Parolen gegen Klassenbucheinträge skandiert.
Neben dilettantischen Wortspielereien und prallvoll gefüllten Kurzgeschichten über Sex, Drogen und unrockige Pubertät markiert der Name wohl das Kreativste der ganzen Platte. Mit Mühe lässt sich der doppelte Boden in einzelnen Songs ausmachen, eine Spielwiese für Hobby-Psychoanalytiker. Eine kindheitsbedingte Abneigung gegen die Blockflöte kuriert das Album nicht.
5 Kommentare
Irgendwie coole Musik
"Ich will nicht in den Streichelzoo. Ich mag Tiere nur gerieben."
grandios!
Eigendlich nicht meine Musik und ich kann mir auch nicht vorstellen, das mir das sonderlich gut gefällt, aber wegen diesem Titel für die Götter werd ich trotzdem ma reinhöhren.
Blockflöte des Todes Bandname des Jahres 2009!
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Mädchenhaar ist Super^^ Platte ist gekauft