Bodymovin - " Bodymovin"

Sie kennen sich seit Jahren, speisen von denselben musikalischen Wurzeln, Entwicklungen und Einflüssen, legen dazu noch gern miteinander auf. Seit 2004 bilden DJ Thomilla und DJ Friction ein neues Tag-Team, das nun sein Erstgeborenes als dritten Longplayer auf dem Hamburger Label Moonbootique zur Welt bringt. Die einzigen Spielregeln in der Verbindung für Körperbewegung: Electro, Disco und House.

Die Prominenz an den Bodymovin-Reglern lässt manch schwäbisches Herz schnell höher schlagen. Turntablerocker-Hälfte, gelegentlicher Fanta Vier-Produzent, "Genuine Draft"-Hit-Compiler trifft auf Freundeskreis-Drittel, Motor Mouth-Hälfte, DMC-DJ. Reimemonster vs. Esperanto.

Bereits mit ihren Solo-Alben "Freeze" oder "Soul Sonic" zeichnete sich bei beiden Protagonisten eine Kehrtwende an musikalische Strände jenseits des Hip Hop ab. Trotzdem erwarten viele Fans, denen das Flyerlesen nicht ganz zu gelingen scheint, den Output des Duos aus dem vergangenen Jahrzehnt.

Vielleicht begräbt gerade daher der Opener "Yeah!" die letzten Fossilien ihrer Hip Hop-Epoche in Form von Scratches unter der evolutionär entwickelten Electronica-Schicht. Mit viel Funk, Groove und einer Vocoder-Einladung "Bodymovin, come on" stellen sich die Merkmale des neuen Genmaterials vor. Gut gelaunt, treibend, ready for the floor.

Dagegen nimmt sich die Vorabsingle "Good Time" als Hommage an den Acid eines gesetzteren, minimaleren Schrittes an, schmiegt sich dabei stark an Chicken Lips "He Not In". "In & Out" folgt diesem in ähnlicher Montur mit heruntergepitchten Vocals. Gerüstet mit einem Magazin Percussions, empfiehlt sich "Sureshot" als Electrofunk-Waffe des Kalibers Turntablerocker ("Smile") im Nahkampf für einen zu schwitzen beginnenden Dancefloor. "It’s the sure shot!"

Ein viel sicherer Volltreffer bietet allerdings das Stück "Everybody", dem es zu keiner Zeit weder an Druck, noch an Groove fehlt. Feiner Electro-House, der mit Vocoder-Stimmen Roboter zum Boogietanzen einlädt. Synth-Pop in discoidem Paillettenhemd für die Tanzfläche zur späteren Primetime nehmen sich "Freak" als auch die eigene Hymne "B.O.D.Y.M.O.V.I.N." zur Brust.

"Hold Back", "Cop Girl" oder "Get Down" formen mit kosmischen Synthesizer-Einlagen die Südseite des Planeten Bodymovin, der Ringe aus sanften Keyboard-Achtziger-Klängen um sich wirft. Vergleichbar lieblich, jedoch in weitaus gemäßigterer Umlaufgeschwindigkeit ertönt das ruhige "More & More", ein Kuschelsong für verliebte Androiden.

Das Album hat sicherlich kein Problem damit, Körper in Bewegung zu setzen, eher schon, sie in euphorischer Bewegung zu halten. Es zündet, explodiert allerdings nicht. Nur langsam bauen sich die Songs auf, geben nach vielen Takten nur minimale Soundvariationen preis und dehnen Flächen als Bonus-Verschnaufpause aus.

Stets ausgeweitete Spielzeiten ohne allzu viele Verspieltheiten lassen die einzelnen Stücke etwas langwierig erscheinen. In diesem Sinne könnten sich viele der Tracks, wenn etwas kürzer, viel spannender präsentieren.

Dafür ist die Produktion absolut top. Analog, warm, satt, stilsicher. Die Songauswahl ist durch die Bank funky, groovt zu jeder Zeit, bis auf nur wenige Ausnahmen clubtauglich gehalten. Dank ihrer musikalischen Vielfalt und Fähigkeit kreiert das schwäbische Duo fachgerecht elektronische Klänge einerseits für das gemütliche Homelistening als auch für den bedingungslosen Einsatz auf den Tanzflächen.

Ein sicherlich heißgelaufener, leicht überstrapazierter Vocoder hätte allerdings auch mal eine Pause vertragen. OK, kein Autotune, trotzdem unnötige Effekthascherei, die die beiden nicht nötig haben.

"Bodymovin" macht auf alle Fälle Spaß. Eventuell sogar noch mehr auf einen Bodymovin Club-Abend, an dem die Herren in Back2Back-Manier zeigen, was sie können.