laut.de-Kritik

Punkige 8-Bit-Anarchie aus Schweden.

Review von

Was käme dabei heraus, steckten unter den Hauben von Slipknot eingefleischte Retro-Nerds, die in ihrer Freizeit Videospiel-Klassiker wie "Frogger" und "Test Drive" auf 8-Bit-Heimcomputern zocken? Die schwedische Gruppe Bondage Fairies liefert Futter für diese doch recht ungewöhnliche Vorstellung. Deren viertes Album "Alfa Gaga Cp Wifi" beweist, dass Chiptunes und Punk so gut zusammenpassen wie die Floppy Disc zum kultigen Commodore 64.

So sinnentleert der zusammengewürfelte Albumtitel auch erscheinen mag, das Soundgerüst aus "Brotkasten"-Klängen und drei Akkorden besitzt erstaunlich viel Hand und Fuß. Elvis Creep, Dallas Pumpkin, Scott Holz und Drummer Boy erzeugen auf den elf Tracks eine 80er-Nostalgie auf Steroiden, die 2017 äußerst frisch daherkommt.

Dabei nimmt sich die Formation nie besonders ernst, was sich auch in den abgedrehten Texten widerspiegelt. "Trapped indoors with a midget and a dwarf and you love it", heißt es zu Beginn des Openers "Bat Wings". Dieses seltsame Kammerspiel gibt den Ton an für weitere wilde Szenarien, die sich Sänger Elvis Creep auf der Scheibe zusammenspinnt. Philosophische Analysen sollte man da besser stecken lassen.

Ohnehin steht auf "Alfa Gaga Cp Wifi" der Spaß im Vordergrund, was die musikalische Nähe zu sorglosen Punk-Truppen wie Green Day oder Blink 182 noch unterstreicht. Politische Botschaften scheren die Schweden genau so wenig wie bedeutungsschwangere Liebeslieder. Wenn sie mit "I Will Never Love You" doch einmal romantische Wege einschlagen, sorgt Elvis Creep dafür, dass keine schmalzige Stimmung aufkommt: "I've been dating nazi girls, necromancer lords / None of them behaved like you." Die Charakterschwäche der Besungenen kann man sich da nur schwer ausmalen.

Die 8-Bit-Anarchie der Band fischt musikalisch gerne in den Gewässern der Kollegen Bonaparte. Besonders Elvis Creeps Organ kommt der Stimme von Tobias Jundt immer wieder erstaunlich nahe. Mit ihrer Experimentierfreude an den Synthies legen die Audiolithen einen breiten Teppich aus simplen Retro-Sounds auf den Spaßpunk und sichern sich ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal.

Der Soundchip des C64 konnte damals lediglich drei Stimmen gleichzeitig erzeugen. Die ließen sich jedoch so variantenreich entfremden, dass sie - für damalige Verhältnisse - lebhafte Klanglandschaften ermöglichten. Das machen sich auch die Bondage Fairies zunutze und lassen es auf den Tracks rauschen, fiepen, gluckern und quietschen, dass man glatt noch einmal bereit wäre, LOAD"NAME",8 und RUN in die blaue Kommandozeile einzugeben. Das Intro von "Satan You And Me II" darf dafür gerne als Paradebeispiel herhalten.

Die Band, die mit DIY-Masken und körperbetonter Bühnenshow ihr Material auch live ganz besonders abfeiert, hält die Abwechslung trotz des limitierten Soundkonzepts auf Albumlänge hoch. Auf die Partyhymne zum Mitgrölen, "Alfa Gaga Cp Wifi", folgt das sphärische "Razor Blades", das auch als Soundtrack für pixelige Space-Spiele wunderbar passen würde. Dazu sei gesagt, dass der Hörgenuss des Albums mit der Affinität für alte Computersounds steht und fällt. Wer den "Daddelkram" schon immer als störende Geräuschkulisse empfand, die nervtötend aus dem Kinderzimmer dröhnte, wird auch mit den maskierten Schweden nicht warm.

Allen anderen bietet "Alfa Gaga Cp Wifi" eine aufregende Erneuerung überholter Binärcodes, die im punkigen Gewand auch heute noch eine Menge Spaß machen. Das Medium Computerspiele mag mittlerweile ein erwachsenes Business sein, das sich längst in der Mitte der Gesellschaft breit gemacht hat. Die Bondage Fairies halten mit viel Klamauk und ebenso großer Spielfreude erfolgreich dagegen.

Trackliste

  1. 1. Bat Wings
  2. 2. I Will Never Love You
  3. 3. Alfa Gaga Cp Wifi
  4. 4. Razor Blades
  5. 5. Expectations
  6. 6. San Francisco
  7. 7. Rat Rod Renegade
  8. 8. Satan You And Me II
  9. 9. Blame It On The Art
  10. 10. Head On
  11. 11. Dor Tar

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1 Kommentar mit einer Antwort

  • Vor 7 Jahren

    Die Musik gibt mir gar nix und auch die Liveperfomance weiß da nicht viel an meiner Meinung zu rütteln, aber Afterhour sind die der totale Abriss, auch wenn ich persönlich aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit davon absehen würde, die Band bzw. Teile derselben nochmals in der heimischen (Ex-)WG einzuquartieren...

    Den großen Hype um diese Musik betrachte ich zudem seit gut 6-8 Jahren als beendet, also kusch! Zurück in die Nische damit.