laut.de-Kritik
Xavier Naidoo-Kopie watet im lyrischen Flachwasser.
Review von Simon Langemann"Ich Hab Soul", behauptet CJ Taylor selbstbewusst und liegt damit zunächst völlig richtig. Darüber hinaus verfügt der Aschaffenburger sogar über ein nicht zu verachtendes Gesangstalent. Das große Problem: Der Ex-Rapsoul-Sänger klingt über weite Strecken wie ein astreines Xavier Naidoo-Plagiat.
Während man ihn als Unwissender auf den ersten Eindruck wohl kaum vom Mannheimer Soulbrother und Labelchef unterscheiden kann, bewahrt Taylors leichter Akzent ihn zumindest vor der absoluten Deckungsgleichheit. So verschafft dem Sänger wenigstens sein gerolltes R ein kleines Quäntchen Eigenständigkeit.
Anstatt vergeblich zu versuchen, der zuweilen unerträglichen Tiefgründigkeit Naidoos nachzueifern, gibt Taylor eine gut verdauliche Light-Version des Söhne Mannheims-Fronters ab. Vor allem lyrisch bewegt er sich im seichten Flachwasser und mimt gerne den harmlosen Weltverbesserer.
"Warum sind wir Menschen / Nur so ignorant / Ein Freund sitzt da am Boden / Und keiner reicht die Hand / Wir wissen beide, dass das / Nicht so bleiben kann / Das Leben wiederholt sich / Es fängt von vorne an", schmachtet der Sänger in "Es Ist Schön" - und beweist gleich zu Beginn, dass er nichts Bahnbrechendes zu erzählen hat.
Ansonsten behandelt der CJ Taylor typische Themen wie Liebe ("Anderer Mann"), Fernweh ("Entfernt") und Abschiedsgefühle ("Es Ist Vorbei"). Auch damit wandelt er auf den Spuren anderer deutscher Soul- und Pop-Sänger, auch damit sorgt er kontinuierlich für Langeweile.
Dass CJ Taylor den Mannheimer Star zu seinen ganz großen Vorbildern zählt, bleibt durchgehend offensichtlich. Leider erreicht seine Gesangsleistung nur einen Bruchteil des stimmlichen Potenzials, mit dem Naidoo einst zu Deutschlands erfolgreichstem Soul-Künstler aufstieg. Dem Aschaffenburger mangelt es vor allem an Variationsvermögen, so dass seine Songs meist belanglos durch Strophe, Refrain und Bridge plätschern.
Musikalisch hält Taylors Solodebüt zumindest das Versprechen des Albumtitels und gestaltet sich deutlich erträglicher als die furchtbar kitschigen Hits seiner 2009 aufgelösten Formation Rapsoul. Dennoch spart auch "Nicht So Wie Früher" nicht an pianolastigen Schmachtfetzen wie "Entfernt", "Funkenregen" oder dem Titeltrack, die allesamt aus Dieter Bohlens Feder stammen könnten.
Etwas lebendiger geht es in den zahlreichen radiotauglichen Pop-Songs ("Wunderschön", "Verwöhnen", "Renn Jetzt Los") zu, die trotzdem ohne Ausnahme an der langweiligen Produktion und ihren austauschbaren Refrains scheitern. Die im Promotext versprochenen Motown-Einflüsse sucht man bis auf ein paar sanfte Brisen bei "Ich Hab Soul" und "Ich Weiß, Wie Es Ist" leider vergeblich.
Einem deutschen Soul-Newcomer wird derzeit keiner zum Vorwurf machen, sich Xavier Naidoos Platten etwas genauer angehört zu haben. So kam auch BuViSoCo-Gewinner Tim Bendzko ungeschoren davon, obwohl einem seine Stimme bei Hitsingle "Wenn Worte Meine Sprache Wären" verdächtig bekannt vorkommt. CJ Taylors Debüt "Nicht So Wie Früher" ist an Eigenständigkeit und Originalität jedoch kaum zu unterbieten und wird mit höchster Wahrscheinlichkeit in den ewigen Jagdgründen der deutschen Soul-Pop-Releases versinken.
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