laut.de-Kritik
Johnny Depp findet: "Diese Platte ist der Wahnsinn!"
Review von Giuliano BenassiDie Stimme knarzt und gibt so knapp Worte von sich, dass man meinen könnte, John Lee Hooker sei auferstanden. Ein Vergleich, der gar nicht mal hinkt, hat Chuck E. Weiss in seiner Jugend mit Blues-Legenden wie Willie Dixon und Lightnin' Hopkins auf der Bühne gestanden.
In gewisser Hinsicht ist Weiss selbst eine Legende. Seit Beginn der 1970er Jahre ist er mit Tom Waits befreundet, außerdem ist es ihm gelungen, sich 1979 als Liedtitel auf dem Debütalbum von Waits' damaliger Freundin Rickie Lee Jones zu verewigen ("Chuck E.'s In Love"). Seit Jahrzehnten tritt er in seiner Wahlheimat L.A. in Clubs mit seiner Stammband auf, den God Damn Liars. Ein Lokal hat er selbst gemanaged, den Viper Room, gemeinsam mit Johnny Depp.
Seinem Kumpel Chuck steht der Hobby-Gitarrist auf dem vorliegenden, erst vierten Album, nicht nur als Gastmusiker, sondern auch als Promoter zur Seite. "Wenn du dir dieses Jahr nur eine Platte kaufst, soll es diese sein. Sie ist der Wahnsinn", kündet Depp via Aufkleber auf der Verpackung an.
Eine Empfehlung, die durchaus Sinn macht. Denn Chuck E. weiß, wie man den Hörer fesselt. In "Boston Blackie" preist er sich als "friend of those who have no friends" an und reiht wahllos Namen aneinander. In "Sushie" verströmen Kontrabass, Gitarre und Saxophon Late-Nite-Stimmung. Beim Opener könnten man meinen, dass Johnny Cashs Band "Country Boy" spielt, während John Lee Hooker dazu knurrt.
Musikalisch bieten Weiss und seine Mitstreiter abwechslungsreich Blues, Cajun, lateinamerikanische Rhythmen und staubige 12-Takter. Am meisten fasziniert aber seine raue, gelebte Stimme, die weniger Melodien, dafür umso mehr Unterhaltung bietet. "He put the sin in sinagogue", frotzelte einst der Songwriter Danny Tate, in Anspielung auf Weiss' jüdische Abstammung.
"That Knucklehead Stuff" ist fast schon ein gesprochener Text mit angefunkter Begleitung, "Bomb The Tracks" bietet eine schräge Gitarre in bestem Keith Richards-Stil. Dass die Rolling Stones bei Weiss hoch im Kurs stehen, beweist das groovende Cover "Exile On Main Street Blues". "Hey Pendejo" mit Carlos Guitarlos hört sich nach einem besoffenen Duett auf einem mexikanischen Jahrmarkt an, auch in der abschließenden Honky Tonk-Nummer "Willy's In The Pee Pee House" geht es fröhlich zu ("some may call him Herbert, I just call him pervert"), ohne dass es dazwischen langweilig geworden wäre.
Mit Johnny Depp übernahm Tom Waits die Rolle des Executive Producers, Brett Gurewitz (Bad Religion) stellte sein Label ANTI als Plattform zur Verfügung. Somit teilt sich Weiss nun ein diskographisches Dach mit Waits, Nick Cave und vielen anderen eigenwilligen Künstlern. Gesellschaft, die gut zu ihm passt.
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